Verfolgt, verdrängt, vergessen?

Schatten der Reformation

Leinen
2018. 240 Seiten, 5 Abbildungen s/w., 52 Farbabbildungen
ISBN 978-3-0340-1445-8
CHF 38.00 / EUR 38.00 
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Was verdanken wir nicht alles der Reformation, schenken wir den zahlreichen Jubiläumsreden Glauben: Toleranz, Menschenrechte, Demokratie und wirtschaftliche Blüte. Viele Attribute der modernen Gesellschaft werden auf die Reformation zurückgeführt. Nur: wie präzise stimmen solche Zuschreibungen? Führte die Reformation tatsächlich direkt in die Neuzeit? Wie freiheitlich war die Zürcher Kirche zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert?
Wo Licht ist, findet sich auch Schatten. Für solche Zwischentöne interessiert sich der Sammelband, der sich den weniger bekannten Figuren und Themen der «grossen» Geschichte widmet und das farbige Bild eines keineswegs eindeutigen Umbruchs zeichnet. Das Buch stellt Gelehrte vor, die in Zürich wenig erwünscht waren, und erforscht das Schicksal von Klosterfrauen, Andersgläubigen oder radikalen Reformatoren. Gleichzeitig fragt es nach den langfristigen Auswirkungen der Reformation. Was genau feiern wir 500 Jahre nach der Reformation?

Mit Beiträgen von Michael Baumann, Sebastian Brändli, Kestutis Daugirdas, Lorenz Engi, Ueli Greminger, Irene Gysel, Maja Ingold, Peter Jezler, Sybille Knecht, Urs B. Leu, Thomas Maissen, Peter Niederhäuser, Markus Notter, Otto Sigg, Eveline Szarka, Johannes Thomann

ist freischaffender Historiker und lebt in Winterthur. Neben seiner Tätigkeit in Museen und als Reiseleiter forscht und publiziert er zur Landesgeschichte der Ostschweiz mit besonderem Schwerpunkt auf der Adels- und Kirchengeschichte. Er ist Vizepräsident der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich.


Bücher im Chronos Verlag


Aufsätze im Chronos Verlag


Artikel
  • Licht und Schatten – Zur Einleitung
    S. 9–14
  • Niemand will zurück zu Zwingli
    S. 15–26
  • Wohin mit den Nonnen? Zürcher Frauenklöster im Brennpunkt der Reformation
    S. 27–40
  • Bildersturm in Zürich: Vom Angriff auf die Kunstwerke zur Säkularisierung des Kirchenguts
    S. 41–56
  • Das humanistische Zürich: Erasmus auf Besuch
    S. 57–70
  • Kritik an Calvin, Koran und Kabbala. Bibliander, der Dissident unter Zürichs Reformatoren
    S. 71–86
  • Das «italienische» Zürich: Lelio Sozzini und die Geburt des unitarischen Antitrinitarismus
    S. 87–98
  • «Us gnaden ergrueneth als reben jnn christo». Die Täufer – feindliche Brüder?
    S. 99–120
  • Fremd- und Feindbilder? Juden in der Zürcher Reformation
    S. 121–132
  • Zürcher Hexen-Geschichten
    S. 133–148
  • Von Toten und Teufeln. Reformation und Geisterglaube
    S. 149–158
  • Knospen im Herbst: Frauen und die Reformation
    S. 159–176
  • Reformation und Glaubensfreiheit. Individuelle Glaubensfreiheit als nachreformatorische Errungenschaft
    S. 177–194
  • Was haben Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Toleranz mit der Reformation zu tun?
    S. 195–208
  • Das Erbe des nichtneutralen Staats
    S. 209–224
  • Epilog: 500 Jahre Zürcher Reformation – Schatten des Erfolgs
    S. 225–234

Pressestimmen

«Der Band ist keine ausschliesslich historische Betrachtung der Reformation, sondern zeigt die Problemfelder auf, die die Reformation im 16. Jahrhundert und in der Folge bis zur Gegenwart hatte und hat. Die Autoren des Bandes haben in ihren kurzen Darstellungen viele Bilder geschärft. Wenn man sich auch keineswegs alle Äusserungen über die Reformation zu eigen machen kann, weist der Band zahlreiche, weiterführende Verbindungen zur Gegenwart auf und ist ein beachtenswertes Zeugnis für die Ansichten über die Reformation Zwinglis am Anfang des 21. jahrhunderts.

Blätter für Kirchengeschichte 12/2021, Immo Eberl

«Der Band ‹Schatten der Reformation› [problematisiert] explizit die immer noch vorherrschende modernisierungstheoretische Meistererzählung der Befreiung vom Joch der römischen Kirche. Er widmet sich den Verfolgten der Reformation, aber auch all dem, was im reformatorischen Erfolgsnarrativ verdrängt oder vergessen wurde: Nonnen, für deren spirituelle Lebensentwürfe es nach der Aufhebung ihrer Klöster keinen Platz mehr gab (Sybille Knecht), Juden, für die sich die Reformatoren allenfalls wegen der hebräischen Sprache interessierten (Peter Niederhäuser), aber auch die Persistenz und Transformation des Hexen- und Geisterglaubens (Otto Sigg, Eveline Szarka). Nicht alle Beiträge des Bandes sind gleichermaßen ergiebig: Heraus ragen vor allem Michael Baumanns sehr konzise Analyse der theologischen und sozialen Differenzierung von Reformation und Täufertum und Thomas Maissens ebenso eloquente wie pointierte Polemik gegen allzu wohlfeile modernisierende Aneignungen der Reformation in Politik und Kirche aus Anlass des Reformationsjubiläums.»

Vollständige Rezension

H-Soz-Kult, 27. Mai 2019, Jan-Friedrich Missfelder

«Ausgangspunkt des vorliegenden Sammelbandes ist der Satz: ‹Nur wer die Schatten kennt, kann auch das Licht besser würdigen›. Der bereits 2012 gegründete Verein mit dem programmatischen Namen ‹Schatten der Reformation› macht es sich mit dieser Publikation zur Aufgabe, die Zürcher Reformationnicht einfach als eindrückliche Erfolgsgeschichte zu zelebrieren, sondern auch deren Schattenseiten Raum zu geben. Es dürfte nicht zuletzt die Beschäftigung mit der Geschichte der Täufer in Zürich gewesen sein, die in den letzten Jahrzehnten die Rede von den ‹Schattenseiten der Reformation› geprägt hat. In den 15 Beiträgen wird denn auch immer wieder an die leidvollen Erfahrungen dieser Zürcher Täufer erinnert. Aber das Spektrum an Themen geht weit über das Täufertum hinaus. Hier wird eine Vielfalt an weiteren Gruppen und Einzelpersonen portraitiert, für die das reformiert gewordene Zürich nicht ein Garant für Freiheit, Toleranz und wirtschaftliche Blüte war, sondern eine Quelle von Schmerz, Zurückweisung und Verfolgung.

Insgesamt ist Herausgeber und Autorenkollegium ein höchst anregender Band gelungen, der nicht nur das faszinierende und ‹farbige Bild eines keineswegs eindeutigen Umbruchs zeichnet› (Klappentext). Vielmehr gelingt den Autorinnen und Autoren mit ihren Texten auch das, was Maja Ingold, die Präsidentin des herausgebenden Vereins, in der Einleitung so formuliert: ‹Die Auseinandersetzung mit den historischen Schatten der Reformation ist zugleich die Einladung, aktuelle Probleme, Missstände und Unfreiheiten in Kirche und Gesellschaft zu benennen und kritisch neue Zugänge zum christlichen Erbe zu diskutieren.›»

Mennonitica Helvetica 41 (2018), Hanspeter Jecker

«Unter dem Titel Schatten der Reformation rücken Menschen in den Vordergrund, die abseitsstanden, die Ideale der Reformation nicht teilten oder überrollt wurden vom religiösen Umbruch, der auch die Gesellschaft völlig veränderte. Der Historiker Peter Niederhäuser, der für die Ausstellung verantwortlich zeichnet, versammelt Biografien von Bekannten und Unbekannten, die ein anderes Licht auf die Ereignisse werfen. Das Buch versammelt Beiträge von Markus Notter, Sybille Knecht, Urs Leu, Thomas Maissen und anderen. Sie liefern Fallstudien zu Aspekten der Reformation, die selten im Fokus stehen.»

Vollständige Rezension

NZZ, 21. September 2018, Thomas Ribi

«Im lesenswerten Sammelband über die Schatten der Reformation warnt allerdings der Zürcher Historiker Thomas Maissen davor, die an Gott gebundene Freiheit eines Christenmenschen mit der weltlichen Wahlfreiheit des autonomen, emanzipierten Individuums zu verwechseln. [...] Das vom Historiker Peter Niederhäuser herausgegebene Buch Verfolgt, verdrängt, vergessen? Schatten der Reformation liefert Hintergründe, die während des Reformationsjubiläums zu kurz kamen.»

Tages-Anzeiger, 18. September 2018, Michael Meier

«Sind Luther, Zwingli und Calvin passé? Im Reformationsjubiläum wurden auch kritische Stimmen laut. Der Historiker Peter Niederhäuser und seine Mitautoren widmen sich in Verfolgt. Verdrängt. Vergessen? den Randfiguren und Verlierern der Reformation. Die Beiträge des Sammelbandes zeichnen dabei ein differenziertes Bild der Reformationsgeschichte und ihrer Folgen, die bis ins Heute reichen. [...] Der Sammelband macht klar: Die Reformation der Kirche bleibt eine offene Aufgabe, ohne das Werk der Reformatoren zu vernachlässigen.»

bref – Das Magazin der Reformierten Nr.20/2018, J. Jürgen Seidel