Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende, und die Dimensionen der europäischen Katastrophe werden fassbar. Gleichzeitig zeichnen sich die Konturen einer neuen weltpolitischen Ordnung ab. Die Schweiz beteiligt sich am Wiederaufbau, will aber ihre Unabhängigkeit bewahren und sich nicht dem Hilfswerk der Siegermächte (UNRRA) anschliessen. In dieser Situation bietet das vom Bundesrat initiierte Hilfswerk Schweizer Spende den Alliierten an, für ein halbes Jahr 2000 Kinder aus Konzentrationslagern zur Erholung aufzunehmen. Es wurden jedoch nicht 2000 Kinder, sondern 370 junge Erwachsene aus dem Konzentrationslager Buchenwald aufgenommen. Die beteiligten Institutionen verfolgten unterschiedliche Ziele, was zu Konflikten, aber auch zu überraschenden Koalitionen führte. Nach einem Jahr stellte die Schweizer Spende ihr Engagement ein, obwohl sich die grosse Mehrheit der aufgenommenen Holocaustüberlebenden immer noch im Land befand. SRF Serie «Frieden»
In der schweizerischen Politik diente das Neutralitätsprinzip als taktische Rhetorik bei den Wirtschaftsverhandlungen sowie der Legitimation der Regierung, in den ersten Nachkriegsjahren vor allem der Verneinung jeglicher Verantwortung in Bezug auf den Krieg. Nicht der menschlichen und moralischen Tragik des Kriegs galt die Hauptsorge der offiziellen Schweiz, sondern der optimalen Erhaltung einer auf Privatbesitz beruhenden, hochentwickelten Volkswirtschaft.