Gisela Hauss (FHNW) ist Professorin an der Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften Nordwestschweiz am Institut Integration und Partizipation. Sie lehrt und forscht zur Geschichte von Jugendhilfe und Kinderschutz, zu Gender und sozialen Ungleichheiten. Sie ist Leiterin des vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Sinergia-Forschungsverbundes «Placing Children in Care. Child Welfare in Switzerland».
Koordinieren und Finanzieren zwischen Expertise, Staat und Gemeinnützigkeit
Fürsorgerische Zwangsmassnahmen an Minderjährigen in der Schweiz im 20. Jahrhundert
Fürsorge und Eugenik in zwei Schweizer Städten (1920–1950)
ist Professor für Kindheit, Jugend und Familie und Leiter des Instituts für Kindheit, Jugend und Familie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Er forscht zu Adoptionen, Kindesschutz, Heimerziehung und Pflegekinderwesen sowie der Geschichte der Kinder- und Jugendhilfe.
Inlandsadoptionen in der Schweiz im 20. und 21. Jahrhundert – Zäsuren, Praktiken, Biografien
Alltag in Winterthurer Kinder- und Jugendheimen 1950–1990
Martin Lengwiler ist Professor für Neuere Allgemeine Geschichte am Departement Geschichte der Universität Basel. Seine Schwerpunkte liegen in der Geschichte des Sozialstaates, der modernen Wissenschaftsgeschichte sowie in der Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Gehörlose, Gebärdensprache und Gehörlosenpädagogik in der Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert
Fürsorgerische Zwangsmassnahmen an Minderjährigen in der Schweiz im 20. Jahrhundert
Krieg und Sozialpolitik in der Schweiz, 1938–1948
Ansätze und Perspektiven – Approches et perspectives
Die Geschichte der Militärpsychiatrie in Deutschland und der Schweiz 1870–1914
«Einführend skizzieren die Herausgeber*innen den Forschungsstand; schon hier wird die Absicht deutlich, vorhandene Befunde zu Fremdplatzierungen und fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in der Schweiz für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht nur zu erläutern, sondern durch Differenzierung und Ordnung zugleich die Perspektive zu erweitern, und dies sowohl für die sozialpädagogische Fachgeschichte als auch für die schweizerische Sozialgeschichte. [...] Ein hoher Anspruch, der, soviel kann schon gesagt werden, ausgesprochen gelungen bearbeitet ist. Neben den fundiert recherchierten Beiträgen des Buches, gut lesbar in der Spannung von Konkretheit und Abstraktion, sind es die in den Einführungen auch der drei Hauptkapitel jeweils plausibel vorgestellten Perspektiven auf ein ‹Ganzes› der Fremdplatzierung, die diesen Ertrag für die Leser eröffnen. [...] Der Titel ‹Fremdplatziert› benennt klar den Eingriff in die Lebenssituation und den Lebenslauf und weniger den Ort oder das Programm. Damit wird eine Perspektive auf den Gegenstand Heimerziehung gewählt, die ebenso distanziert Analyse ermöglicht wie respektvolle Annäherung an die Beteiligten und Akteure dieser Zuweisung von Plätzen in der Fremde. Eine Balance, die in den Beiträgen dieses Buches immer wieder mit beeindruckender Sorgfalt gelingt. Die Beiträge sind durch die Bank sprachlich präzise und verständlich, basieren vor allem aber auf gründlicher und systematischer Quellenarbeit. Ein gelungenes, gut lesbares und für die weitere Forschungen anregendes Buch – nicht nur für die Schweiz!»
Sammelrezension:
«Der Fokus der drei Bände liegt – wie die Herausgeberinnen und Herausgeber in den Einleitungen darlegen – darauf, den Forschungsstand zur Geschichte der fürsorgerischen Zwangsmaßnahmen und Fremdplatzierungen abzubilden, diese Forschung um einzelne Aspekte zu erweitern und damit gleichzeitig die Basis für aktuelle und künftige Forschungsprojekte zu festigen. Letzteres äußert sich auch darin, dass mehrere Autorinnen und Autoren in ihren Beiträgen Forschungsdesiderate herausarbeiten.»
«Insgesamt arbeiten die hier besprochenen Sammelbände verschiedene Forschungsdesiderate zur Geschichte der fürsorgerischen Zwangsmaßnahmen und Fremdplatzierungen heraus und erweitern die historische Auseinandersetzung zu diesem Thema um einzelne bislang wenig beachtete Aspekte. Forschungsdesiderate betreffen etwa das Zusammenspiel von Bund, Kantonen und Kommunen im Bereich von fürsorgerischen Zwangsmaßnahmen und Fremdplatzierungen innerhalb der Schweiz sowie eine vergleichende Forschung zu diesem Bereich im internationalen Kontext. Als bislang wenig beachtete Aspekte sind insbesondere die Familie (unter anderem familiäre Verhältnisse der von Fremdplatzierung betroffenen Kinder, bürgerliche Familienvorstellungen) und die ökonomische Dimension von fürsorgerischen Zwangsmaßnahmen zu nennen. Des Weiteren verorten die Bände das Thema in einem größeren geschichtswissenschaftlichen Forschungszusammenhang (Geschichte des schweizerischen Sozialstaates, Psychiatriegeschichte). Sie schaffen damit eine ausgezeichnete Grundlage, auf der aktuelle und künftige Forschungsprojekte aufbauen können.»
Vollständige Rezension
«Mit ihrer jüngst erschienenen Studie ‹Fremdplatziert› legen Gisela Hauss, Thomas Gabriel und Martin Lengwiler einen konsequent multiperspektivisch wie interdisziplinär angelegten Forschungsaufriss zur Geschichte der Heimerziehung der Schweiz im 20. Jahrhundert vor, der nicht dokumentarisch ausgerichtet ist, sondern analytisch verfährt. [...] Die drei als sich überschneidende Achsen gedachten Kapitel des Buches thematisieren das Spannungsverhältnis zwischen staatlichem Handeln und subjektivem Erleben, die Ausbildung, Praxis und Theorie der Pädagogik für das Heim sowie die Effekte der Institutionen auf die Lebensverläufe der Betroffenen. Besonders hervorzuheben ist, dass die Beiträge vielfach ansonsten häufig vernachlässigte Aspekte der Heimerziehung zum Thema machen. So wird etwa der professionelle Blick auf die Eltern fremdplatzierter Kinder rekonstruiert. [...] Insgesamt macht dieses Buch die komplexen Zusammenhänge und Wirkfaktoren der Heimerziehung sichtbar, betont Ambivalenzen, Überlappungen und Ungleichzeitigkeiten von Diskursen, Organisationen und Biografien und sensibilisiert für blinde Flecken in der Forschung. Damit werden nicht nur gängige Denkmuster hinterfragt, sondern auch künftigen regionalen wie internationalen Projekten heuristische Kategorien an die Hand gegeben.»
Vollständige Rezension
«Zwei Sammelbände beleuchten gründlich die Geschichte der Heimerziehung und der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in der Schweiz. [...] Der Band [Fremdplatziert] bringt mit seinen knapp 20 Beiträgen, die auf die Kantone Basel-Stadt, Appenzell Innerrhoden, Waadt und Zürich fokussieren, durchaus interessante Ergebnisse. [...] Auch neu sind die aufgrund von Interviews mit ehemaligen ‹Heimkindern› gewonnenen Einsichten in die nahezu lebenslange Prägung der Fremdplatzierung. Wer nicht über deren Gründe informiert wurde und keinen Kontakt mit den Eltern haben durfte, dem fällt es nicht leicht, je wieder Vertrauen zu Menschen zu fassen und ‹Unterstützungsangebote anzunehmen›».
Sammelrezension VPOD-Magazin - April 2019