Histoire transnationale de la Suisse
Die Geschichte der Schweiz stand lange Zeit im Zeichen des Besonderen – des Sonderfalls. Die helvetische Historiografie unterscheidet sich darin nicht wesentlich von der Geschichtsschreibung anderer Länder. Nationalgeschichten bleiben oft in einem methodologischen Nationalismus gefangen.
Eine wachsende Zahl von Historikern und Historikerinnen hat sich in den letzten Jahren davon zu befreien versucht. Sie setzen den Akzent auf die «Zirkulation» von Menschen, Technologien und Wissen, erproben «transnationale» oder «globale» Zugänge, schreiben «vergleichende», «geteilte» und «postkoloniale» Geschichte, bemühen sich um eine «histoire connectée» oder «histoire croisée». Dieser Band versammelt Texte, die solche Ansätze auf verschiedene Perioden der Schweizer Geschichte anwenden. Er versteht sich als Beitrag zur Diskussion über das Erbe, die Herausforderungen und die Perspektiven von transnationalen Ansätzen in der Wirtschafts-, Sozial-, Politik- und Kulturgeschichte.
L’histoire de la Suisse a longtemps été placée sous le signe de la spécificité, du Sonderfall. En cela, l’historiographie helvétique ne diffère pas fondamentalement de celle d’autres pays. Les différentes historiographies nationales ont ceci en commun qu’elles semblent prises dans le carcan d’un certain nationalisme méthodologique.
Ces dernières années, cependant, un nombre croissant d’historiens et d’historiennes se sont affranchiEs de ce carcan en mettant l’accent sur les «circulations» de personnes, de technologies et de savoirs, en adoptant des approches «transnationale», «globale», «connectée», «croisée», «comparée», «partagée» ou encore «post-coloniale». Ce volume rassemble des contributions s’inspirant de ces démarches appliquées à l’histoire de la Suisse et portant sur différentes époques historiques. Il se présente ce faisant comme une réflexion sur les apports, les chantiers et les perspectives de ces approches transnationales dans les domaines de l’histoire économique, sociale, politique et culturelle.
Globalisation scolaire dans un canton rural
Transnationale Aspekte der helvetischen Streikgeschichte, 1860–1930
Akteure, Verhandlungskanäle und Konkurrenz beim Verkauf des ersten Gasturbinenkraftwerks Afrikas
Schweizer im Amerikanischen Bürgerkrieg und die Genese der Republik
Unkonventionelle Initiativen zur transnationalen Vernetzung der Schweiz
Für einen tiefen Blick in den Container
«Multi-Sited Historiography» und die Notwendigkeit von Theorie
Historiographie multisite et caractère impérieux de la théorie
«Questionnant cette image [du Sonderfall Schweiz] quelque peu stéréotypée, cet ouvrage collectif propose de ‹ normaliser › l’histoire de ce pays. Il montre comment la Suisse, parfaitement intégrée dans les grands processus mondiaux, a été façonnée par des circulations, des échanges et des transferts qui ont largement dépassé ses frontières, faisant d’elle une « nation parmi les nations » (Thomas Bender). [...] Ces quelques limites sont toutefois consubstantielles à un champ de recherche dont les contours et les méthodes sont notoirement encore flous : elles n’enlèvent rien à l’intérêt d’une entreprise intellectuelle qui est à saluer pour sa contribution au développement de l’historiographie suisse.»
«Der neueste Band des Schweizerischen Jahrbuchs für Wirtschafts- und Sozialgeschichte bietet grundlegende Artikel zu Stand, Bedeutung und Methodik der ‹transnationalen Geschichte› und dazu einen bunten Strauss von Fallstudien aus Politik, Wirtschaft und Kultur. [...] Wer Einblicke in konzeptionelle Überlegungen und in den aktuellen Forschungsstand gewinnen will und wer Kostproben sektorieller Studien zu schätzen weiss, kommt auf seine Rechnung. [...] Eine der informativen Fallstudien gilt der Zürcherischen Seidenindustrie und ihren ‹Ablegern› im Grossraum New York im Zeitraum 1880-1914. Roman Wild macht augenfällig, dass in diesem Fall (wie in anderen Fällen multinational operierender Konzerne) nationalstaatliche Klassifikationsmuster am Kern vorbeiführen. Wer wessen Ableger ist, schwankt gemäss Konjunktur und Fragestellung. Kosmopolitismus und nationalstaatliche Verortung schliessen sich nicht aus, sondern stehen in produktiver Dialektik. [...] Eindrücklich illustriert die Studie den Konnex zwischen Wirtschaftsexpansion und Auswanderung einerseits, Internationalität und Innovation andererseits.»
Vollständige Rezension
«Schweizer Geschichte sei die längste Zeit unter dem Vorzeichen eines ‹Sonderfalls› geschrieben worden, leiten die Herausgeber_innen ihren Band ein. [...] Eine wachsende Zahl an Historiker_innen versuche mit einem Fokus auf grenzüberschreitende Konstellationen und Zirkulationen diese nationalgeschichtliche Engführung aufzubrechen und bedienten sich hierfür etwa globalgeschichtlicher oder postkolonialer Ansätze. [...] In dieser Konstellation unterschiedlichster französisch-, englisch- und deutschsprachiger Beiträge mit ebenso konkreten Aufhängern wie abstrakten Grundsatzfragen gelingt es dem Band, unerwartete Erkenntnisgewinne zu generieren und die Entwicklung des Raumes ‹Schweiz› als Produkt transnationaler Geschichte nachvollziehbar zu machen.»
Vollständige Rezension
«Alles in allem hat dem Rezensenten ein sehr lesenswertes Buch vorgelegen, welches viele Fragen aufwirft, Perspektiven eröffnet und Antworten andeutet, ohne diese definitiv zu geben – ganz im Sinne einer „Etappe auf der Baustelle zu einer transnationalen Geschichte der Schweiz“ (S. 11).»