Seit 1855 haben sich die Wege von 1700 Professorinnen und Professoren, 64'000 Diplomierten und 14'000 Promovierten der Ingenieur- und Naturwissenschaften an der ETH Zürich gekreuzt. Eine fantastische Vielfalt der akademischen, wirtschaftlichen und politischen Kultur hat sich daraus ergeben, die man dokumentarisch kaum erfassen kann. Das Buch nähert sich darum der ETH auf einem anderen Weg. Es bietet ein ebenso prononciertes wie sorgfältig recherchiertes Deutungsangebot zur 150-jährigen Geschichte der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Die Rede von der «Zukunftsmaschine» verbindet zwei für die Moderne wesentliche Begriffe - die Hochschule wird als eine Maschine verstanden, die stets Zukunft herstellte. Dabei trieb sie die gesellschaftliche Modernisierung an und diente zugleich als Laboratorium für die Moderne. Beides macht die ETH zu einem privilegierten Beobachtungsfeld für gesellschaftliche Prozesse, die weit über die Institution hinaus greifen.
1848–1855: Polytechnische Fundierung eines alten Traums
Die Hochschulfrage war eng an die Entwicklung des 1848 gegründeten Bundesstaates geknüpft. Bereits an seiner zweiten Sitzung stritt das Parlament darüber, ob eine nationale Bildungsstätte zu gründen sei. 1855 nahm das Polytechnikum seinen Betrieb auf.
1855–1904: Zwischen Schule, Fabrik und Labor
Nach der Gründungsdebatte trat die neue Institution in eine stabile Epoche des Aufbaus ein. Zwischen den Anforderungen des Schulbetriebs, den Bedürfnissen der Industrie und den aufkommenden Forschungsinteressen war sorgfältig abzuwägen.
1904-1911: Vom Polytechnikum zur Hochschule
Die Neuausrichtung der Schule zwischen 1904 und 1908 brachte einschneidende Veränderungen: Unter anderem erlangte das Poly das Recht, Doktortitel zu verleihen, womit der Weg zur akademischen Forschungsstätte frei war. 1911 wurde das Polytechnikum in Eidgenössische Technische Hochschule umbenannt.
1911-1968: Das Flaggschiff der nationalen Wissenschaft
Als technische Hochschule hatte die ETH beträchtliche akademische Autonomie erlangt, dank der sie stabile Kooperationen mit Staat und Wirtschaft eingehen konnte. Spätestens seit 1936 nahm sie im Rahmen der «geistigen Landesverteidigung» Anteil an der «nationalen Erziehung». In den 1950er Jahren brachte man sich zudem erfolgreich in internationale Forschungskooperationen ein.
1968-1973: Mitbestimmung als Problem
Die Orientierungs-, Wachstums- und Strukturkrise zwischen 1968 und 1973 traf die ETH auf mehreren Ebenen. Neue Formen der Lehre und neue Inhalte des Studiums standen ebenso zur Debatte wie neue Reglemente und Gesetze.
1973-2005: Flexibilisierung und Informatisierung
Die institutionellen Reformen und Experimente der 1970er-Jahre erprobten eine Flexibilisierung der Normalstudienpläne. Es wurden Analogien zwischen Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen hergestellt, was in den 1980er-Jahren zunächst viele schockierte. Das ETH-Gesetz von 1993 erlaubte die Weitergabe der budgetären Autonomie von der Gesamtschule an die Departemente.
2005: Die ETH heute
Die Flexibilisierung der vergangenen Jahrzehnte zeigt Wirkung: Die ETH vertäut sich heute globaler, rüstet ihre Informationstechnik auf und wandelt sich schrittweise zur naturwissenschaftlich-technischen Universität.
«Dass Festschriften durchaus verbreitete Vorurteile gegen diese Gattung widerlegen können, wenn sie gut gemacht sind, zeigt die vorliegende Studie zum 150jährigen Jubiläum der ETH Zürich auf eindrucksvolle Weise. (…) Ein anfängliches Befremden über die entpersonalisierende Wirkung der titelgebenden Maschinenmetapher war unbegründet. Die Akteure verschwinden keineswegs. Vielmehr wird das sich ständig wandelnde Beziehungsgeflecht zwischen Studenten, Professoren, Beamten und Unternehmern einschliesslich der damit verbundenen Rückschläge und Erstarrungen, Interessengegensätze und Spannungen analysiert. (…) Zahlreiche Zeitzeugeninterviews ergänzen die Materialbasis des bestens dokumentierten Buches.»
Technikgeschichte, Bd. 75 (2008)