Erfahrung: Alles nur Diskurs?
Zur Verwendung des Erfahrungsbegriffes in der Geschlechtergeschichte
Schweizerische Historikerinnentagungen / Schweizerische Tagung für Geschlechtergeschichte, Band 11
Broschur
2004. 396 Seiten
ISBN 978-3-0340-0591-3
CHF 48.00 / EUR 32.00 
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Die theoretischen Annahmen des linguistic turn führten seit 1991 innerhalb der Geschlechtergeschichte zu einer Debatte um die Verwendung des Erfahrungsbegriffes. Fragen, die dabei gestellt wurden, lauteten etwa: Kann Erfahrung historisiert werden, ohne dass sie im Diskurs aufgeht? Wie fliessen die Erfahrungen der untersuchten historischen Frauen und Männer in die Forschung ein? Welche Bedeutung haben die Erfahrungen der Forschenden? Kann überhaupt von feststehenden Erfahrungen ausgegangen werden, insbesondere von spezifisch weiblichen und männlichen Erfahrungen, oder sind Vorstellungen von der Authentizität individueller Erfahrungen endgültig zu verabschieden? Welche Bedeutung hat die Idee gleicher weiblicher Erfahrungen für die Frauenbewegung (gehabt)? Ist politisches Handeln ohne diese Idee möglich und legitimierbar?
Innerhalb dieser Debatte machten manche auf die Begrenztheit des Erfahrungsbegriffs aufmerksam, während andere ihn als theoretisches Konzept für die Geschlechtergeschichte verteidigten. Wie sieht es heute in der Forschungspraxis aus? Wie wird aktuell in der Geschlechtergeschichte mit dem Erfahrungsbegriff gearbeitet? Erweist er sich da als nützlich? Wo liegen die Probleme? Diesen Fragen widmen sich an der 11. Schweizerischen HistorikerInnentagung in Zürich zahlreiche ReferentInnen und Workshop-TeilnehmerInnen. In der Publikation zur Tagung soll der Stand dieser Diskussionen dokumentiert werden.

Bettina Vincenz, 1968, hat an der Universität Zürich Allgemeine Geschichte, Neuere Deutsche Literatur und Germanistische Sprachwissenschaften studiert. Sie hat in verschiedenen Projekten der Geschlechterforschung mitgearbeitet. 2009, in der Jubliäumspublikation «Der Kampf um gleiche Rechte» des Schweizerischen Verbandes für Frauenrechte, erschienen ihre beiden biografischen Portraits «Dora Grob-Schmidt (1895–1985). Eine Frau wagt sich vor» und «µAntoinette Quinche (1896–1979). Frauenrechtlerin mit diplomatischem Geschick». 2011 erschien ihr Buch «Biederfrauen oder Vorkämpferinnen? Der Schweizerische Verband der Akademikerinnen (SVA) in der Zwischenkriegszeit». Bettina Vincenz arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Integrationsbeauftragten des Kantons Thurgau.

Artikel
  • Somatisches Wissen, Erfahrungswissen und «diskursive» Gewissheiten. Überlegungen zum Erfahrungsbegriff aus der Sicht der Körper-Historikerin
  • Problematische Dichotomien. Erfahrung zwischen Narrativitä und Materialität
  • Die Erfahrungen der Geschlechtergeschichte
  • Stand und Perspektiven der «neuen Männergeschichte» (Frühe Neuzeit)
  • «Traumatische» Erfahrungen und Generationendiskurs
  • Zugehörigkeit und Erfahrung. Zugehörigkeit als Erfahrung? Die Selbstverortung der Landgräfin Caroline von Hessen-Darmstadt, untersucht am Beispiel ausgewählter edierter Briefe
  • Krieg, Fremdheitserfahrung und Männlichkeit. Alterität und Identität in Feldpostbriefen indischer Soldaten des Ersten Weltkrieges
  • Wenn die Sprache versagt … Biografische Erfahrung am Beispiel der deutsch-jüdischen Politikerin und Schoa-Überlebenden Jeanette Wolff (1888–1976)
  • N. O. Body: Kein Körper – keine Erfahrung?
  • Chutzpe-Lady dank Frauenliteratur? Oder: Werden wir, was wir lesen?
  • Erfahrung, Erinnerungsinterview und Gender. Zur Methode Oral History
  • «Staatsexamen 1937». Erinnerte Erfahrungen einer Ärztin
  • Erfahrung(en) des Aktivdienstes. Der Militärdienst 1939–1945 in der Schweiz: Erlebnisse, Deutungen, Erinnerungen
  • Biografie, Erzählung und Deutungsmacht. Die Fragwürdigkeit feministischer Deutungen am Beispiel der Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten (ABF) der DDR (1946–1962)
  • Bildungsbiografien: Erzähltes Lernen. Aspekte aus der Innensicht akademische Karrieren von Frauen
  • Legale Kämpfe. Petitieren als Konsequenz von Unrechtserfahrung(en) österreichischer bürgerlicher Frauenrechtlerinnen
  • Vom Arbeitsprozess zum kollektiven Handeln. Zur dynamisierenden Wirkung von Erfahrung auf den Geschlechterdiskurs
  • «Die Frau hat das Stimmrecht im Haushalt». Aussagen zum Frauenstimmrecht in der Umfrage «Un jour en Suisse» von 1962
  • Wenn es verboten ist zu fragen … Söhne und ihre Väter in Deutschland nach 1945
  • Erfahrung oder Diskurs? Das onanistische Subjekt im späten 18. Jahrhundert
  • Religionswahnsinn im frühen 19. Jahrhundert. Eine Verarbeitung männlicher Konflikterfahrung?
  • Die Erfahrung «zwischen den Zeilen». Eine patientenzentrierte Perspektiven als eine andere Geschichte?
  • Berufskrankheit «Neurasthenie» und die Erfahrung beruflichen Scheiterns. Lehrerinnen und Lehrer in Preussen in der Zeit des Kaiserreiches
  • Wissenschaft, Markt und Erfahrung. «Natürliche» versus «künstliche» Säuglingsernährung im 19. Jahrhundert
  • «Zu Versuchen angespornt». Wie Frauen und Männer in den 1860er-Jahren zu Erfahrungen mit Schroths Naturheilverfahren kamen
  • «Invading Bodies». Krankheit, Körper, Medizin und die «new immigrants» zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA
  • Die Deutung von Abgängen in der frühen Schwangerschaft. Eine ethnologische Diskursanalyse
  • Erfahrungen mit einem «Leib des Todes» im pietistischen Milieu Basels um 1800
  • Rock oder Reithose? Der öffentliche Diskurs um Uniformen im Frauenhilfsdienst während des Zweiten Weltkrieges
  • L’expérience des femmes dans l’«Accouchement Sans Douleur» (ASD): une expérience collective?
  • Schweizerische Geschlechtergeschichte im Spiegel. Die ersten zehn «Historikerinnentagungen» (1983–2000)
  • Netzwerk oder Alleingang? Eine Podiumsdiskussion zur Situation des so genannten Nachwuchses in der Geschlechtergeschichte
  • Zwischen Dynamik und Stagnation. Ein Podiumsgespräch zur Institutionalisierung von Gender Studies