Die Arbeitstiere – in unseren Breitengraden Pferde, Esel, Maultiere, Hunde und Rinder – waren im langen 19. Jahrhundert auf dem Land und in den grösser werdenden Städten allgegenwärtig. Sie waren grundlegende Phänomene des sozialen Lebens. Sie hinterliessen Spuren in der Gesellschaft und ihren Archiven und sie hinterliessen Spuren in der von und mit ihnen geschaffenen Welt. Aus ihren produktiven Potenzialen und aus den Bedingungen ihrer Reproduktion ergaben sich bestimmte Lebensformen, Wirtschaftsweisen und Raumordnungen.
Das facettenreiche gemeinsame Leben der Menschen und ihrer Arbeitstiere und der mit ihnen geteilte Raum sind bis anhin erst in Ansätzen als eine gemeinsame Geschichte wahrgenommen worden. Der Autor folgt den sozial-, agrar-, wirtschafts-, verkehrs- und kulturgeschichtlichen Fährten. Auf diesen treffen wir nicht nur Tiere und Menschen an, sondern mit den mensch-tierlichen Gespannen jene Form der Kooperation, in der das Handeln und das Wirken beider zu einem vielfach evidenten Dritten wurden. Die damit verbundenen Fragen nach Vernunft, Intelligenz, Willen und nach Handlungs- und Wirkmacht der Tiere sind nicht neu. Sie haben die sich mit Tieren befassenden Akteur:innen seit je umgetrieben. Die Spuren führen weg vom gewöhnlich unterstellten Natur-Kultur- oder vom Subjekt-Objekt-Gegensatz und weg von den Prämissen der sogenannten anthropologischen Differenz, in eine Welt, in der Menschen und Tiere nahe miteinander verbunden waren und mehr voneinander wussten.
«Mit seiner Pionierstudie zu den heute weitgehend vergessenen Arbeitstieren, die am Archiv für Agrargeschichte in Bern entstanden ist, führt Schiedt eine Gattung ein, die nicht in unser gängiges Kategorienpaar von Nutztier und Haustier passt. […] Das Arbeitstier, schreibt Schiedt, hat zusammen mit den Menschen unsere heutige Welt geschaffen. Der Autor korrigiert das weit verbreitete Bild, wonach die Modernisierung, also der technische Fortschritt mit Dampfmaschine, Eisenbahn und Elektrizität, die Arbeitstiere überflüssig gemacht habe und diese ein Relikt der Vormoderne seien. Wie Schiedt mit Zahlenreihen für die Schweiz zeigen kann, die grosso modo auch für andere westeuropäische Länder gelten dürften, hätte die Modernisierung ohne die gigantische Arbeitsleistung der Tiere gar nicht stattfinden können.»
«Der Historiker Hans-Ulrich Schiedt tritt in einer umfassenden Studie über die ‹Arbeitstiere› der linearen Fortschrittserzählung entgegen, wonach die tierische Arbeit seit Anfang des 20. Jahrhunderts zusehends durch Maschinen verdrängt worden sei. […] Schiedt schreibt anschaulich, zugleich präzis; das Buch liest sich flüssig, gar vergnüglich. »
«Um 1900 waren in der Stadt Bern dreihundert Arbeitshunde registriert, und was für sie gilt, zeigt der Historiker Hans Ulrich Schiedt [...] in dieser Studie auch für Pferde, Esel, Maultiere und Rinder: Arbeitstiere waren keine archaischen Relikte, sondern elementar für eine industrialisierte Gesellschaft, in der mit der Produktion von Güter auch der Handel und der Verkehr zunahmen. Das ist der Grund, warum der Bestand an Arbeitstieren in der Schweiz noch bis 1930 wuchs.»
«[…] Das facettenreiche gemeinsame Leben der Menschen und ihrer Arbeitstiere und der mit ihnen geteilte Raum sind bis anhin erst in Ansätzen als eine gemeinsame Geschichte wahrgenommen worden. In einem neuen und bemerkenswerten Band aus dem Zürcher Chronos Verlag folgt der Autor den sozial-, agrar-, wirtschafts-, verkehrs- und kulturgeschichtlichen Fährten. […] Der Band ist eine bemerkenswerte Dokumentation zu einer Zeit, in der Arbeitstiere allgegenwärtig waren und mit ihrer erstaunlichen Arbeitsleistung für den Menschen unabkömmlich waren. Gleichzeitig wird dem der umfassenden Darstellung von Hans-Ulrich Schiedt auch in Erinnerung gerufen, wie schnell die technische Entwicklung von Kraftmaschinen von der Mitte des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die Arbeitstiere verdrängt hat und damit eine enge Beziehung zwischen Menschen und Tieren verloren gegangen ist.»