Labor der direkten Demokratie

Konkurrierende Wahrnehmungen der politischen Mitbestimmung in der Schweiz

Broschur
2023. 144 Seiten
ISBN 978-3-0340-1732-9
CHF 26.00 / EUR 26.00 
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Schon im 16. Jahrhundert wird die politische Ordnung der alten Eidgenossenschaft als Besonderheit wahr­genommen. Der Theoretiker des Absolutismus, Jean Bodin, spricht von «demokratischen Regimentern». Im frühen 19. Jahrhundert betont der konservative Publizist Alexis de Tocqueville die «einzigartige Originalität» der politischen Entwicklung der Schweiz.
Ebenfalls in der Frühneuzeit sind in der Eidgenossenschaft erste Spuren eines republikanischen Selbstverständnisses zu finden, die einerseits den anti­oligarchischen Tugenddiskurs fördern, andererseits Kernelemente des Mythos Schweiz enthalten, der sich später zur ­Bauernstaatsideologie verdichtet. In diesem ­Spannungsfeld von Fremd- und Selbstwahrnehmung sind im Kontext der demokratischen Bewegung der 1860er-Jahre die ersten wissenschaftlichen Werke zur Entstehung der «direkten Demokratie» in der Schweiz entstanden. Die vorliegende Studie zeichnet die historiografische Entwicklung der Erforschung der halbdirekten Demokratie nach, rekonstruiert Forschungskontroversen, hinterfragt die gängigen Narrative und konfrontiert diese mit dem aktuellen Forschungsstand. Ausgehend von diesen Neuansätzen werden offene Fragen und Defizite der Erforschung der direkten Demokratie erörtert. Die Überlegungen sollen dazu beitragen, den öffentlichen Diskurs mit den Erkenntnissen der modernen Geschichtswissenschaft zu konfrontieren und gleichzeitig eine ­Orientierungshilfe für die anstehenden Diskussionen über das zukünftige Verhältnis zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zu bieten.

ist emeritierter Titularprofessor für Geschichte der Neuzeit am Historischen Seminar der Universität Zürich. Seine Hauptforschungsgebiete sind Sozialgeschichte der Aufklärung, historische Protestforschung und Demokratieforschung. Er hat 2013 eine kommentierte Quellenauswahl zur Demokratiegeschichte der Schweiz veröffentlicht.


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Pressestimmen

«Das 175-Jahr-Jubiläum der Gründung des schweizerischen Bundesstaats ist quer durchs politische Spektrum eine Gelegenheit, das Ereignis in eigene Narrativ einzubetten. Während Freisinnige die Errungenschaften des Liberalismus feiern, spinnt die Linke eine ‹progressive› Erfolgsgeschichte von 1848 über den Landesstreik und das Frauenstimmrecht bis zur Klimastreik-Bewegung. Aus Sicht von Rolf Graber sind beide Erzählungen falsch. Der Historiker stellt ihnen eine alternative Erzählung gegenüber. Seinde Grundthese ist, dass die moderne schweizerische Demokratie massgeblich durch Konflikte und Widerstand entstanden ist.»

Lukas Leuzinger, NZZ, 12. Februar 2024