Berufstätige Mütter
Subtiler Wandel der Geschlechterordnung in der Schweiz (1945–1970)
Broschur
2005. 480 Seiten
ISBN 978-3-0340-0731-3
CHF 58.00 / EUR 38.80 
  • Kurztext
  • Autor/in
  • Einblick
Die Ordnung der Geschlechter war in den 1950er und 60er Jahren nicht so beständig, wie sie häufig dargestellt wird. Wie in den meisten westlichen Industrieländern nach dem Zweiten Weltkrieg waren auch in der Schweiz Frauen mit Kindern vermehrt ausser Haus berufstätig. Auf der sozialpolitischen Agenda avancierte die Erwerbstätigkeit von Müttern gar zu einem der wichtigsten Themen: unter dem Stichwort «Mütterarbeit» debattierten Parteien, Verbände, Wissenschaft und Medien kontrovers und mit grosser Emotionalität die möglichen Auswirkungen der mütterlichen Berufstätigkeit auf die Familie. Mit der aufkommenden Teilzeitarbeit in den 1960er Jahren wurde die Rolle der Ehefrau als «Zuverdienerin» schliesslich gesellschaftlich salonfähig.
In diesem Buch macht Gaby Sutter Umbrüche der traditionellen Geschlechterordnung sichtbar, die sie als Zeichen eines subtilen Wandels bewertet. Sie analysiert die Diskurse der Ausgrenzung von Ehefrauen mit Kindern auf dem Arbeitsmarkt anhand vielfältiger Quellen wie Gesetzesvernehmlassungen, Volkszählungsdaten, Presseartikel und wissenschaftliche Untersuchungen. Die Autorin untersucht arbeitswissenschaftliche Geschlechterkonzepte, Arbeitsschutzmassnahmen, ungleiche Entlöhnung, Teilzeitarbeit, Bindungstheorie sowie die öffentliche Meinung und kontrastiert diese Diskurse mit den Erfahrungen berufstätiger Mütter, die sie am Beispiel zahlreicher empirischer Studien rekonstruiert.

Gaby Sutter, Dr.phil., Historikerin, Dozentin für Geschichte an der Pädagogischen Hochschule FHNW und Lehrbeauftragte am Departement Geschichte der Universität Basel. Forschungsschwerpunkte: Geschlechtergeschichte, Geschichtskultur, Geschichte der Fürsorge im 19. und 20. Jahrhundert.


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Inhalt
1. Einführung
1.1 Berufstätige Mütter
1.2 Zielsetzung, Fragestellung und Forschungskontext
1.3 Theoretische und methodische Überlegungen und Quellen
1.4 Räumlich-zeitlicher Kontext und Gliederung der Untersuchung

2. Implementierung des Ernährer-Hausfrau-Modells auf dem Arbeitsmarkt
2.1 Geschlechterdifferenz in den Arbeitswissenschaften
2.1.1 Physische Geschlechterdifferenz
2.1.2 Psychische Geschlechterdifferenz
2.1.3 «Weibliches Arbeitsvermögen»
2.2 «Hausfrauenschutz» im Arbeitsrecht: Das Eidgenössische Arbeitsgesetz von 1964
2.2.1 Frauenschutz
2.2.2 «Hausfrauenschutz»
2.2.3 Mutterschutz
2.2.4 Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot
2.2.5 Geltungsbereich
2.2.6 Fazit
2.3 Lohnungleichheit als Geschlechterdifferenz: Das Postulat «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit»
2.3.1 Das internationale Übereinkommen Nr. 100
2.3.2 Geschlechtsspezifische Lohndifferenzen
2.3.3 Das Argument Ernährerlohn
2.3.4 Das Argument Leistungslohn
2.3.5 Das Argument Arbeitsplatzkosten
2.3.6 Fazit

3. «Mütterarbeit»: Kritik an der Erwerbstätigkeit verheirateter Frauen und Mütter
3.1 Mutter-Kind-Bindung
3.1.1 Die immer verfügbare Mutter
3.1.2 Mütterliche Berufstätigkeit und vermutete Sozialisationsdefizite der Kinder
3.2 «Mütterarbeit»: Mütterliche Berufstätigkeit und öffentliche Meinung
3.2.1 «Missbrauchte Mütterkraft»: Die Schriften von Emil Frei
3.2.2 «Luxusstreben» und «Flucht vor Hausarbeit»: Ansichten junger Soldaten
3.3 «Niemand dient ungestraft zweien Herren – auch die erwerbstätige Mutter nicht»: Konstruktion der Unvereinbarkeit von Berufs- und Familienrolle

4. «Solange ich gesund und grad bin, gehe ich in die Fabrik, um mein Brot selbst zu verdienen!»: Studien über berufstätige Mütter
4.1 Forschungsdesign der Studien
4.2 Alltagsorganisation berufstätiger Mütter: Erwerbs- und Familienarbeit
4.2.1 Erwerbsarbeit
4.2.2 Hausarbeit
4.2.3 Freizeit
4.2.4 Arbeitsteilung in der Familie
4.2.5 Kinderbetreuung
4.2.6 Familienbudget
4.2.7 Intergenerationale Solidarleistungen
4.3 Bewertung der «Mütterarbeit» durch die AutorInnen der Studien
4.3.1 Familienbudget
4.3.2 Familienleben
4.3.3 Vor- und Nachteile für die Kinder
4.3.4 Vor- und Nachteile für die Ehe
4.3.5 Gesundheitliche Folgen
4.3.6 Vielschichtigkeit der «Mütterarbeit»
4.4 Einstellungen erwerbstätiger Mütter und ihrer Ehemänner: Erwerbs- oder Familienarbeit?
4.4.1 «Ich [gehe] zwar nicht zum Vergnügen [putzen], tue es aber nicht ungern»:
Zur Einstellung der befragten Mütter
4.4.2 Das (Un-)Verhältnis von Berufs- und Familienorientierung
4.4.3 «Mein Lohn müsste reichen, um die Familie davon zu erhalten»: Zur Einstellung der Ehemänner
4.4.4 Erwerbsarbeit als Faktor ehelicher Machtpositionen

5. Statistische Entwicklung und Strukturwandel der Ehefrauen- und Müttererwerbstätigkeit
5.1 Problematik der Statistik
5.2 Rückgang der weiblichen Erwerbsbeteiligung bis 1941
5.3 Wiederanstieg der weiblichen Erwerbsbeteiligung nach 1945
5.3.1 Wirtschaftliche Umschichtungs- und Umstrukturierungsprozesse
5.3.2 Ausländerinnen
5.3.3 Ehefrauen
5.3.4 Erwerbstätige Mütter
5.4 Erwerbsquote und Ernährer-Hausfrau-Modell

6. Modernisierung des Ernährer-Hausfrau-Modells: Drei-Phasen-Modell und Teilzeitarbeit
6.1 Wandel der Berufs- und Hausfrauenrolle
6.2 Berufsarbeit als Recht und Pflicht?
6.3 Drei-Phasen-Modell
6.4 Teilzeitarbeit
6.4.1 Regelung der Teilzeitbeschäftigung
6.4.2 Politik der Verbände
6.4.3 Zeitverkürzte Erwerbsarbeit in der Praxis
6.4.4 Problematik der zeitverkürzten Arbeitsformen
6.5 Neues Leitbild: Die Zuverdienerin

7. Wandel der Geschlechterordnung nach 1945