Die aus dem Ghetto Theresienstadt Befreiten in der Schweiz: Lebenswege und Erinnerungen
Am 7. Februar 1945, kurz vor der Kapitulation Deutschlands, erreichte ein Rettungstransport mit 1200 Jüdinnen und Juden aus dem Ghetto Theresienstadt St. Gallen. Angestossen hatte die Befreiungsaktion 1944 das Schweizer Ehepaar Recha und Yitzchok Sternbuch, das die Unterstützung von Jean-Marie Musy fand. Der katholisch-konservative Altbundesrat trat mit dem Reichsführer SS Heinrich Himmler, den er persönlich kannte, in Verhandlungen ein. Himmler versprach sich einen Reputationsgewinn NS-Deutschlands bei den Westalliierten und veranlasste die Zusammenstellung des Transports.
Wer waren die Menschen, die durch diese Aktion in die Schweiz gelangten? Wie erlebten sie die Auswahl für den Transport und ihren Aufenthalt in der Schweiz? Wohin migrierten sie nach Kriegsende weiter? Welchen Platz nimmt die Befreiungsaktion in ihren Erinnerungen ein? Einem biografischen Ansatz folgend, wird die Geschichte dieser Rettungsaktion erstmals mit einem Fokus auf die Befreiten erzählt. Ihre Perspektiven werden anhand von Tagebüchern, Memoiren, Briefwechseln, Postkarten, Zeitzeug:inneninterviews und Poesiealben analysiert. Ergänzt wird die Studie durch systematische soziodemografische Informationen zu den Befreiten, die aus Flüchtlingsakten des Schweizerischen Bundesarchivs gewonnen werden, sowie durch die Perspektiven der Schweizer Behörden, von Häftlingen im Ghetto Theresienstadt, die sich gegen eine Teilnahme am Transport entschieden, und von Schweizer:innen, die mit den Befreiten in Kontakt kamen.