Drogen waren ein gesellschaftlicher Brennpunkt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, von den Auseinandersetzungen um 1968 und 1980 über die «offenen Drogenszenen» der 1990er-Jahre bis zum Hin und Her zwischen Schadensminderung und Repression um die Jahrtausendwende. Wurde es danach ruhig um die Thematik, kommt seit einigen Jahren wieder Bewegung auf. Die Frage der Cannabis-Legalisierung steht im Raum, in der Medizin werden Halluzinogene therapeutisch verwendet und die Prohibition steht weltweit in der Kritik.
Das Buch zieht eine vorläufige Bilanz, zeigt die Konstanten auf, die den Drogendiskurs bis heute prägen, und leistet einen Beitrag zur Versachlichung. Neben den offenen Drogenszenen beleuchten die Autoren die Herausbildung der Problematik in den Jahrzehnten davor und die Veränderungen danach. Dabei zeigt sich, wie stark die Thematik mit dem Kalten Krieg und der sich herausbildenden Migrationsgesellschaft verbunden war. Ebenso wird deutlich, dass Produktion und Handel von Rauschmitteln durch die Räumung der offenen Drogenszenen keine grundlegenden Veränderungen erfuhren und dass die Repression trotz sozialer und medizinischer Innovationen die tragende Säule geblieben ist. Zudem werden die Diskurse dargestellt, welche die Arbeit von Medizin, Sozialarbeit, Polizei und Justiz prägten und prägen. Von einer kohärenten Drogenpolitik, so das Fazit, kann bis heute nicht die Rede sein.
«Eine Gesellschaftsgeschichte im besten Sinn»
«‹Die Schweiz auf Drogen› sei […] all jenen wärmstens ans Herz gelegt, die sich für Drogengeschichte interessieren, oder auch für eine Geschichte der Jugendbewegung, der Suchtarbeit, der Gesundheits-, Kommunal- und Parteipolitik, für überraschende Alltagsgeschichten, für Lokalgeschichte oder für eine konzise politische und mediale Zeitgeschichte der Schweiz – das Buch ist nämlich als all dies und mehr lesbar. Gerade die Einbringung bislang nicht gehörter Stimmen zeigt, dass Drogen ein ausnehmend spannender Kristallisationspunkt der modernen Geschichte bleiben und weiterhin Potential für neue Themenfelder und historiographische Zugänge bergen.»
«[…] Mit Gewinn zu lesen sind die vielen Einblicke in den Alltag des sich professionalisierenden Drogenhandels und der sozialtherapeutischen Einrichtungen, in die Rolle der Pharmaindustrie und die Markteinführung neuer Substanzen. So wird die Geschichte bis in die Gegenwart weitererzählt, bis zu den spezifischen Mechanismen der Drogenkultur in der ganz anders gearteten Partyszene der Gegenwart.»