1975 steckt die Schweiz in einer Krise. Um den steigenden Arbeitslosenzahlen zu begegnen, wird die obligatorische Arbeitslosenversicherung eingeführt. Zur selben Zeit entstehen selbstorganisierte Gruppen von Arbeitslosen, die sich Arbeitslosenkomitees nennen. Beharrlich protestieren sie gegen Verschlechterungen bei der Arbeitslosenversicherung, auch in den folgenden Krisen der 1980er- und 90er-Jahre. Dieses Buch erzählt die Geschichte der Arbeitslosigkeit aus der Sicht der Betroffenen während einer entscheidenden Übergangsphase der Industriegesellschaft.
Was bedeutet soziale Sicherheit für Arbeitslose? Sozialstaatsgeschichte stellte lange Zeit die rechtlichen und institutionellen Entwicklungen ins Zentrum, auch bei der Arbeitslosenversicherung. Eine Geschichte der Arbeitslosigkeit kann jedoch nicht ohne die Arbeitslosen geschrieben werden. Deren Beziehung zum Sozialstaat wird hier am Beispiel von fünf Arbeitslosenkomitees in der Deutschschweiz und der Romandie bis ins Jahr 2002 untersucht. Wie interagierten die Komitees mit den Behörden? Wogegen wandten sich ihre Proteste?
Die Arbeitslosenkomitees kritisierten, dass der Sozialstaat nicht nur sichere, sondern auch verunsichern könne. Um dem entgegenzuwirken, schlossen sich Arbeitslose zusammen, ergriffen Referenden und bauten Beratungsstellen auf, die selbst Teil der Sozialpolitik wurden.
«Die Basler Historikerin Anina Zahn untersucht in ihrer lesenswerten, akribisch recherchierten Dissertation Entstehung und Werdegang ausgewählter Arbeitslosenkomitees von den 1970er-Jahren bis hinein ins neue Jahrtausend mit der hohen Arbeitslosigkeit der 1990er-Jahre. [...] So manches berührende Einzelschicksal tritt der Leserin und dem Leser sehr plastisch vor Augen (‹Keine Arbeitslosengeschichte ohne Arbeitslose›), Statistiken und Nummern erhalten plötzlich ein Gesicht. Das ist sicherlich eine der Stärken des lesenswerten Buches, denn es macht deutlich, dass wir es mit oftmals leidenden, aber auch mit kämpfenden Menschen zu tun haben, die verzweifelt eine neue Stelle suchen, um wieder ‹normal› funktionieren zu können und sich in die Gesellschaft der Arbeitenden zu integrieren.»
«Dans cet ouvrage tiré de son travail de thèse, Anina Zahn examine l’introduction de l’assurance-chômage obligatoire en Suisse et ses adaptations successives du point de vue des associations de chômeuses et de chômeurs, depuis la crise du milieu des années 1970 à l’adoption de la loi de 2002. Pour ce faire, elle s’appuie sur les archives des différents comités ainsi que sur quelques recherches en sciences sociales effectuées dans les années 1980 et 1990. Elle a complété ce matériau précieux, mais parfois lacunaire, de plusieurs interviews réalisées en 2017 et 2018.»