Abtei und Stadt St. Gallen im Hoch- und Spätmittelalter (1199–1491) aus reformatorischer Sicht
In den Jahren 1529–1531 verfasste der St. Galler Humanist, Reformator und Politiker Vadian eine Geschichte von Abtei und Stadt St. Gallen im Hoch- und Spätmittelalter (1199–1491). Im Blick hatte er den Wandel der Klosterstadt zu einer im Leinwandgewerbe zu Reichtum gekommenen, selbstbewussten Reichsstadt im Verlauf von rund 300 Jahren.
Am Anfang seiner Darstellung steht das Kloster in seinen reichsweiten Bezügen völlig im Vordergrund. Zu Ende des 14. Jahrhunderts tritt dann die Stadt vermehrt in Erscheinung, und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts spielt sich ein Duell ab zwischen der wirtschaftsmächtigen Stadt und dem Kloster, das unter der Führung des umtriebigen Abts Ulrich Rösch aus einer klösterlichen Grundherrschaft in einen frühneuzeitlichen Fürstenstaat umgebaut wird. Es gelingt der Stadt nur ansatzweise, sich zu emanzipieren, und im sogenannten Rorschacher Klosterbruch, einem Gewaltakt gegen die Klosterherrschaft, erleidet sie eine schmerzhafte Zurücksetzung. 1529, da ein Durchbruch im Gefolge der Reformation nun doch noch möglich scheint (die Stadt besetzte das stillgelegte Kloster und erwarb es schliesslich durch Kauf), hat Vadian seine Abtei- und Stadtgeschichte unter hochgespannten Erwartungen begonnen. 1531, nach der Niederlage der Reformation im zweiten eidgenössischen Konfessionskrieg, der für St. Gallen einschneidende Folgen zeitigte (das Kloster und die Klosterherrschaft wurden vollumfänglich wiederhergestellt), schloss er sein Werk unter Weglassung der Teile von vor 1191 sowie des Schlussteils nach 1491 entmutigt ab. In den 1540er Jahren hat er die Abtei- und Stadtgeschichte als Beitrag zu Johannes Stumpfs Schweizerchronik in zurückhaltenderer Form und unter Konzentration auf den lokalen Bereich neu angepackt und vollumfänglich (720–1530) dargestellt.
Die Neuedition bringt eine buchstabengetreue Transkription von Ms. 43 der Vadianischen Sammlung samt Kommentar, in dem Vadians Quellen nachgewiesen werden. In einer Einleitung werden die Umstände der Entstehung, die Geschichtsauffassung und die Arbeitsweise des Autors erörtert sowie das Nachleben seines Werks. Beigegeben sind ein detailliertes Register und ein ausführliches Glossar.
Vorwort
EINLEITUNG
Vadians Grössere Äbtechronik
Die Rahmenbedingungen zur Zeit der Abfassung
Die sog. Grössere Chronik der Äbte
Die Niederschrift und der Schreibstil
Zeitpunkt der Abfassung
Die Entstehung
Vadians Motivation
Vadians Leitprinzip
Vadians Quellen (eigener Augenschein – mündliche Quellen – Dokumente –
erzählende Quellen)
Vadians Umgang mit den Quellen
Vadians historiographische Leistung
Das Zielpublikum
Von der Schweizer Geschichte zur St. Galler Geschichte
Vadian im Urteil der Nachwelt
Gesamtwürdigung
Die Neuedition
Editionsgrundsätze
Kommentar
GRÖSSERE CHRONIK DER ÄBTE
Band I: Abt Ulrich von Veringen (1199–1200) bis Abt Eglolf Blarer (1442–1463)
Ulrich von Veringen, 1199–1200
Heinrich von Klingen, 1200–1204
Ulrich von Sax, 1204–1220
Rudolf von Güttingen, 1220–1226
Konrad von Bussnang, 1226–1239
Walter von Trauchburg, 1239–1244
Berchtold von Falkenstein, 1244–1272
Ulrich von Güttingen, 1272–1277
Rumo von Ramstein, 1274–1281
Wilhelm von Montfort, 1281–1301
Heinrich von Ramstein, 1301–1318
Hiltbold von Werstein, 1318–1329
Rudolf von Montfort, 1330–1333
Hermann von Bonstetten, 1333–1360
Georg von Wildenstein, 1360–1379
Kuno von Stoffeln, 1379–1411
Heinrich von Gundelfingen, 1411–1418
Heinrich von Mansdorf, 1419–1426
Eglolf Blarer, 1426–1442
Band II: Abt Kaspar von Breitenlandenberg (1442–1463) bis Abt Ulrich Rösch (1463–1491)
Kaspar von Breitenlandenberg, 1442–1463
Ulrich Rösch, 1463–1491
ANHANG
Quellen- und Literaturverzeichnis – Glossar – Register
«Die neue Edition, die die Ausgabe aus den 1870er Jahren ersetzt, ist nach allen Regeln der Kunst angefertigt worden. […] Als besonders positiv ist der editorische Entscheid hervorzuheben, dass im Sachkommentar eine normierte Terminologie zur Textanalyse und zur Verhältnisbestimmung zu den zugrundeliegenden Vorlagen Anwendung findet.»
Archiv für Reformationsgeschichte
«Die Edition Stettlers erschliesst die Grössere Chronik der Äbte Vadians in hervorragender Weise […]. Neben dem kritischen Apparat sind dem Text ausführliche Sachanmerkungen und Quellennachweise beigegeben. Mit der Neuedition Stettlers liegt nun eine verlässliche Grundlage für die zukünftige Erforschung der Reformationsgeschichte der Stadt Sankt Gallen und der Historiographie im Übergang vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit vor.»
Andreas Bihrer, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
«While scarcely a reliable source on medieval history, Vadianus's Grosse Chronik provides a striking, and very readable, window onto the historical and historiographical outlook of early Reformation intellectuals. Stettler's work represents an equally valuable window onto current historian's concerns, and is a monument to careful critical scholarship.»
Randolph C. Head, The Sixteenth Century Journal
«In seiner informativen, auf das Wesentliche konzentrierten Einleitung situiert der Hg. den Entstehungszeitraum der Grösseren Chronik der Äbte vor dem Hintergrund der geschichtlichen Ereignisse in St. Gallen und in der Eidgenossenschaft. […] Der grosse Gewinn dieser Neuedition besteht jedoch in der aufwendigen Kommentierung, die nicht nur unentbehrliche historische, geographische und sprachliche Hilfen (ergänzt durch ein sorgfältiges Namenregister und ein umfangreiches Glossar) bietet, sondern nun erstmals Vadians Quellen nennt und zusätzlich angibt, ob sich der Vf. nur an die Vorlage anlehnt oder diese mehr oder weniger wörtlich übernimmt. […] Wir freuen uns vorbehaltlos über die in so kurzer Zeit zustande gekommene bequeme Forschungsgrundlage und wären erfreut, wenn auch Vadians ‹kleinere Chronik der Äbte›, deren selbständiger Wert für die früh- und hochma. Geschichte St. Gallens in der Wissenschaft noch nicht voll erkannt ist, mit der gleichen vorbildlichen Umsicht ediert und kommentiert werden könnte.»
Hannes Steiner, Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters
«Die konzise Einleitung Stettlers ist eine vorzügliche und unverzichtbare Leseanleitung. […] Auch hier ist die Ökonomie des Editors zu bewundern, der stets alles Nötige, aber nie Überflüssiges mitteilt.»
Dieter Mertens, Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte