Nayo Bruce
Geschichte einer afrikanischen Familie in Europa
Gebunden
2007. 256 Seiten, 47 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0868-6
CHF 32.00 / EUR 29.00 
  • Kurztext
  • Autor/in
  • Einblick
  • In den Medien
Ein Afrikaner aus Aného (Togo), Schausteller von Beruf und nicht mehr ganz jung, zieht mit seinen vier Ehe­frauen und einer Show­truppe zwanzig Jahre lang durch Europa. Dabei ist es ihm gelungen, sich von seinem deutschen Impresario zu befreien und das Unternehmen selbständig zu führen, bis zu seinem Tod am 3. März 1919 im Kaukasus.
Auf dieser über zwanzig Jahre dauernden Reise werden dreizehn Kinder ge­bo­ren. Teils sind sie mit der Truppe unterwegs, teils bei wohlhabenden Pflegeeltern oder in christlichen Hei­men aufgewachsen, in Deutschland und in Russland. Nationalsozialismus und Kommunismus, afrikanische Befreiungsbewegungen hinterlassen in ihren Lebensläufen Spuren.
Das Buch erzählt, wie die Tournee sich abspielte, aus welchen Verhältnissen Nayo Bruce stammte und was aus seinen Kindern und Kindeskindern geworden ist – in Europa und in Afrika.

In einer Übersicht sind 222 Tourneestationen des J. C. Nayo Bruce aus mehr als einem Dutzend europäischer Länder nachgewiesen, davon rund hundert in Deutschland, zwanzig in der Schweiz und zehn in Österreich. Die Aufführungen spielten an sehr unterschiedlichen Schauplätzen: im Panoptikum von Berlin, am Münchner Oktoberfest, im Konzerthaus Hamburg, im Velodrom Frankfurt, auf der Vogelwiese in Dresden, im Reichshallentheater Düsseldorf, im Metropol-Theater Weimar, an der Kolonialausstellung Eisenach, im Tiergarten von Königsberg, an der Foire du Midi in Brüssel, an der Esposizione nazionale in Turin, in der Tonhalle von Zürich, in der Konzerthalle St. Leonhard in St. Gallen, an der Landwirtschaftsausstellung in Bratislava, am Herbstmarkt in Rouen, aber auch in vielen Städten wie Konstanz, Wittenberg, Flensburg oder Aschersleben.

(1953–2019), studierte Germanistik in Zürich und Berlin. Sie schrieb mehrere Bücher, Theaterstücke und zahlreiche Buchbeiträge, vorwiegend zu Themen der kolonialen und postkolonialen Geschichte.


Bücher im Chronos Verlag


Aufsätze im Chronos Verlag

Textauszug
Bei seinem ersten Gastspiel in Europa, an der Kolonialausstellung 1896 in Berlin, gab J. C. Nayo Bruce der «Kölnischen Zeitung» ein ausführliches Interview.

Was bewog Sie, hierher zu kommen?
Ich hatte ohnedies die Absicht, nach Europa zu reisen, da erzählte mir ein weisser Freund, der bei der Regierung angestellt ist, dass in kurzem eine ganze Truppe zu einer Ausstellung nach Berlin solle; man bot mir an, mich anzuschliessen, und so komme ich hierher.

Sie wären auch ohnedies nach Europa gekommen – warum?
Meine Tochter ist schon seit sieben Jahren hier in einer Schule, und ich wollte sie besuchen. Sie soll alles lernen, was die weissen Mädchen lernen, und ebenso zivilisiert werden wie diese.

Haben Sie Klagen über die Zustände in Togo?
Oh ja, eine Klage hätte ich wohl. Sehen Sie, unsere jungen Leute möchten gern mehr lernen, und das wollen die Deutschen nicht. Sie denken, Lesen und Schreiben ist genug für die Neger, aber es ist nicht genug. Die Engländer lassen ihre schwarzen Untertanen lernen und

Pressestimmen
«Die Autorin erweckt die unglaubliche Geschichte eines gewitzten, aber auch schlitzohrigen schwarzen Impresarios zu neuem Leben.» Urs Rauber, NZZ am Sonntag

«Brändles Werk dürfte eine der spannendsten Veröffentlichungen sein, die gegenwärtig auf dem Buchmarkt zu dieser Thematik zu finden sind.» Joachim Zeller, www.freiburg-postkolonial.de

«Dem Buch von Brändle sind viele Leser zu wünschen, denn es bietet eine lebendig dargebotene Fülle von fundierten Informationen zur afrikanischen Diaspora in Europa. ... Die Verfasserin entblätter ein beeindruckendes Bild einer afrikanischen Familie zwischen dem späten 19. und dem frühen 21. Jahrhundert auf ihrem Weg von Westafrika nach Deutschland, von dort durch Europa und zum Teil wieder nach Togo und Ghana. ... Brändle zeichnet die jahrelange entbehrungsreiche Tour der Truppe (...) detailreich und auf eine spannende Weise nach.» Das Historisch-Politische Buch

«Das Buch ist flüssig geschrieben, der interessante ausführliche wissenschaftliche Apparat ist am Ende des Buches, so dass der Hauptteil gut ohne Unterbrechungen zu lesen ist. Ein sehr wichtiges Buch zum Thema Afrikaner am Anfang des 20. Jahrhunderts hier in Europa. Vor allem auch weil in diesem Fall Nayo Bruce eine sehr aktive, selbständige, geschäftstüchtige Person ist und nicht dem Bild entspricht, das man beim Gedanken an Afrikaner in Völkerschauen hat.» Lo'Nam

«Brändle legt hier einen hochspannend zu lesenden und liebevoll mit Fotos bebilderten Band vor, der nicht nur durch die unleugbare Faszination des mehrfach ‹Exotischen› – Afrika, Kolonialismus, Jahrhundertwende, Schaustellerleben – besticht, sondern vor allem Respekt abnötigt für seinen Protagonisten Nayo Bruce.» Heike Blumreiter, Düsseldorfer Jahrbuch

«Reiches Bildmaterial, das aus Staats- und Landesarchiven, Sammlungen in Leipzig und Paris sowie aus dem privaten Familienbesitz stammt, wurde von der Autorin zusammengetragen und unterstützt den hautnahen Blick hinter die Kulissen des Schaustellergewerbes.» Clemens Pfeffer, Stichproben. Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien