Filmtechnik als
Schweizer Filmgeschichte
André Amslers Einführung und Rückblick
Bücher zur Filmtechnik sind in der Regel Nachschlagewerke, Lexika, Wörterbücher - und je trockener, desto zuverlässiger. Mit dem jüngsten Buch von André Amsler scheint uns nun allerdings eine neue Gattung eröffnet: der technische Leitfaden, das historische Kompendium und der persönliche Erinnerungsbericht in einem. «Fünfzig Jahre Produktionstechnik» lautet der Untertitel, der damit die Zeitspanne vom «Schwarzweissfilm zum Digitalvideo» bezeichnet. Das Buch zeichnet die Entwicklung in der Schweiz nach und ist ein substanzieller Beitrag zur Schweizer Filmgeschichte; sein enormes Fachwissen erlaubt es dem Autor aber auch, die internationale Entwicklung mit im Blick zu behalten.
Amsler hat sich als gelernter Fotograf bei der Schwarz-Filmtechnik in Bern zum Filmlaboranten, bei der Sonor-Film in Ostermundigen zum Tontechniker ausgebildet, war von 1957 bis 1964 Chefcutter des «Versuchsbetriebs für ein Schweizerisches Fernsehen», bestand danach die Fremdmatur, baute den technischen Betrieb der AG für das Werbefernsehen auf, war in Nigeria Leiter der staatlichen Filmstelle, hierauf Produktionsleiter eines Werbefilmstudios, Technischer Leiter des Filmlabors Cinégram in Zürich, bis er die Zürcher Topic-Film übernahm. Alle diese und verschiedene weitere Tätigkeiten dienen dazu, die je spezifischen technischen, organisatorischen und nicht zuletzt personellen Voraussetzungen und Abläufe darzustellen. Vom Autor stammen auch die Tabellen, Diagramme und präzisen technischen Zeichnungen, von der «frühen Durchlauf-Entwicklungsmaschine» bis zur Laboranlage.
Wer sich ein Bild von der Schweizer «Filmindustrie» machen will, findet hier einen einzigartigen Insiderbericht. So wird etwa anhand der Kunden der Schwarz-Filmtechnik und der Sonor- Film auf vollen zwanzig Seiten ein Panorama der in den fünfziger Jahren tätigen Firmen entworfen, die zumeist Einmannbetriebe waren. Hier, aber durchaus auch in Verbindung mit der Darstellung technischer Vorgänge und Probleme, findet der Autor immer wieder Gelegenheit zu Anekdoten, die auf komische Weise erhellen, wie die Filmmanufaktur Schweiz funktionierte und bis heute funktioniert. Sein Engagement in der Verbandsarbeit lässt ihn aber auch stets die gesellschaftliche Dimension des schweizerischen Filmwesens bedenken. - Gewünscht hätte man sich für dieses Buch, das für die Beschäftigung mit dem Schweizer Film gleichsam die Materialbasis bereitstellt, ein Personenregister. Bedauern muss man, dass für ein Nachschlagewerk dieses Formats kein besseres Papier zu erübrigen war.
Christoph Egger
André Amsler: Rückblende. Vom Schwarzweissfilm zum Digitalvideo - Fünfzig Jahre Produktionstechnik. Chronos-Verlag, Zürich 2004. 368 S., Fr. 38.-.
Publiziert mit freundlicher Genehmigung der NZZ.
Neue Zürcher Zeitung FILM Freitag, 26.11.2004 Nr.277 45
(c) 1993-2004 Neue Zürcher Zeitung AG Blatt 2