Die besten Jahre unseres Lebens
Russlandschweizerinnen und Russlandschweizer in Selbstzeugnissen, 1821–1999
Beiträge zur Geschichte der Russlandschweizer, Band 8
Gebunden
2001. 397 Seiten, 30 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0508-1
CHF 58.00 / EUR 36.00 
  • Kurztext
  • Autor/in
  • Einblick
  • Buchreihe
Nicht ohne Lampenfieber besuchte die junge Waadtländer Hauslehrerin Olympe Rittener im Januar 1884 erstmals einen Maskenball im sibirischen Krasnojarsk. Wie erlebte die Schweizerin dieses Fest in der russischen Provinz? Was fiel ihr an den einheimischen Altersgenossen und ihrem gesellschaftlichen Verhalten besonders auf? Woran dachte der Grafiker Ernst Derendinger, als er 1917, einen Revolver in der Hand, zusammen mit russischen Nachbarn das gemeinsame Moskauer Wohnhaus in den Scharmützeln der Oktoberrevolution verteidigte? Und was ging in der knapp sechzehnjährigen Käserstochter Valy Wüthrich vor, als sie 1943, als die Eltern in stalinistischer Gefangenschaft verschollen waren, mit ihren beiden jüngeren Brüdern aus dem westrussischen Frontgürtel in die Schweiz floh?
Über 20'000 Schweizerinnen und Schweizer wanderten vom Ende des 17. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg ins Zarenreich aus, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Vor allem qualifizierten Ausländerinnen und Ausländern ermöglichte das russische Reich in seinen westlich orientierten Modernisierungsbestrebungen einen schnelleren Aufstieg oder ein besseres Auskommen, als dies das Herkunftsland hätte bieten können. Nach der Oktoberrevolution kehrten viele Schweizer in ihre alte Heimat zurück, und bis heute ist die alte Migrationstradition nicht auferstanden.
Der Quellenband lässt die Menschen, um die es geht, selbst zu Wort kommen. Bisher unpublizierte Memoiren, Briefe und Interviews gewähren einen authentischen Einblick in schweizerische Lebenswelten in Russland.
Sie illustrieren den Auswanderungsalltag und beleuchten die Konfrontation zwischen schweizerischer Identität und russischer Fremde von der Zarenzeit bis zur postsowjetischen Gegenwart.

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Textauszug
«Die besten und schönsten Jahre unseres Lebens haben wir im alten Russland erlebt, und war uns das Land zur zweiten Heimat geworden. Seit dem ersten Weltkrieg ist uns aber manch Schweres dort widerfahren. Mit Gottes Hilfe haben wir es überstanden. Wir tragen Russland keinen Groll nach und werden ihm stets Liebe und Anhänglichkeit bewahren.»
Peter Balzer, Erinnerungen aus bewegter Zeit, 1917­1921

«Es war nach dem alten russischen Kalender ende Oktober, als ich eines Morgens zur Arbeit gehen wollte. Ich kam aber nur ein par hundert Schritt weit, bis zur Pjatnizkaja. Dort war die ganze Strasse mit Arbeitervolk überfüllt, so dass an ein Durchkommen nicht zu denken war. Dieser Volkskneuel bewegte sich bald nach vorwärts, der Brücke zu, dann kam er mit Geheul wieder zurück, oder richtiger, er wurde jedenfalls zurückgedrängt. Es hiess, die Brücke sei gesperrt, es fänden dort Kämpfe statt und es würde niemand ins Zentrum der Stadt gelassen. Bei den andern Brücken war es auch so, es war unmöglich, durch die dichte

Artikel
  • Einleitung
  • «Ein Pilgrimm in fernen Landen». Briefe von der Wolga
  • «Wir sind hier weit & breit die einzigen Käsemacher …». Briefe aus Russland
  • «Voyage d’une jeune Payernoise». Briefe aus Sibirien
  • «Ich trage noch so gerne aus meinen alten Erinnerungen vor …». Interview (19. Januar und 5. Februar 1982 in Meilen)
  • «Als Graphiker in Moskau von 1910 bis 1938. Erzählungen aus dem Leben»
  • Erinnerungen aus bewegter Zeit, 1917–1921
  • «Das Sterben Russlands». Bericht an den Bundesrat (Ostern 1920)
  • Als Kulakenkind in Sowjetrussland. Bearbeitet von Carsten Goehrke
  • Als Käseproduzent im heutigen Russland. Interview (26. Januar 1999 in Zürich)
  • Das Herbarium der Olympe Rittener. Zur Wahrnehmung des Fremden in den Selbstzeugnissen von Russlandschweizerinnen und Russlandschweizern