Über sozialen Sinn und physiologischen Wert der Nahrung
Was Menschen essen, wie sie ihre Nahrung zubereiten und in welcher Form sie diese zu sich nehmen, sind Fragen, die auf den Kern einer Kultur oder Gesellschaft zielen. Denn in Ernährungsweise und Essgewohnheiten bündeln sich die Bedingungen der Erzeugung und Verteilung von Nahrung, die Bedürfnisse der physischen Reproduktion und die sich darauf beziehenden Einstellungen und Verhaltensweisen. Dieser komplexe Zusammenhang wird, jedenfalls in einzelnen seiner Aspekte, in den Humanwissenschaften zunehmend thematisiert. Dass Nahrungsmittel nicht nur Lieferanten von Energie, Rohstoffen und Spurenelementen für den menschlichen Organismus sind, sondern auch Träger kulturell geprägter Bedeutungen und dass solche Bedeutungen historischem Wandel unterliegen, gehört zu den Einsichten kulturanthropologischer, soziologischer und historischer Forschung.
Die Aufsätze knüpfen an dieser Diskussion an und suchen sie durch die Einbeziehung naturwissenschaftlicher Ansätze über den Bereich der Humanwissenschaften hinaus zu erweitern.
Sidney W. Mintz: Die Zusammensetzung der Speise in frühen Agrargesellschaften. Versuch einer Konzeptualisierung
Anne Murcott: Anderes Essen. Zur Geschichte der Kostformen in England
Daniela Schlettwein-Gsell: Zum Nährwertgehalt von «core» und «fringe»
Markus Mattmüller: Zur Dreiteilung der Nahrung in Schweizer Agrarregionen der frühen Neuzeit
Georg Brubacher: Physiologische Gesichtspunkte zur Beurteilung von Kostformen
Jakob Tanner: Die Entdeckung der Vitamine und die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten: Ernährungswissenschaft und Ernährungspolitik in der Schweiz seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert
Harald Dehne: «Das Essen wird also auch Ðambulandoð eingenommen». Das «belegte Brot» und andere schnelle Kostformen für Berliner Arbeiterinnen und ihre Kinder im Kaiserreich