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Im Zeichen der Revolution
Der Weg zum Schweizerischen Bundesstaat 1798–1848
Eine Publikation der Volkshochschule des Kantons Zürich
Broschur
1997. 179 Seiten
ISBN 978-3-905312-43-0
CHF 32.00 / EUR 32.00 
Vergriffen / Restexemplare beim Verlag (Versand nur innerhalb der Schweiz)
E-Book (pdf)
2023. 179 Seiten
ISBN 978-3-0340-5243-6
CHF 20.00 / EUR 20.00 
  • Kurztext
  • Autor/in
  • Einblick
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  • Buchreihe
Die Entstehung der modernen Schweiz, des Bundesstaates von 1848, vollzog sich in schweren Auseinandersetzungen, die sich über einige Jahrzehnte erstreckten und auch von äusseren Einmischungen gekennzeichnet waren. Dem Weg, den die Schweiz von 1798 bis 1848 zurücklegte, haftet etwas Exemplarisches für Gesamteuropa an. Der Aufstieg des liberalen und industriellen Bürgertums, die Gleichberechtigung von Stadt und Land, die Ausdehnung des Wahlrechtes nach unten, der Gewinn nationaler Einheit gegen alle Interventionsversuche - all dies vollzog sich in dieser Zeit. Die Schweiz beschritt damit einen Weg, den in verkürzter Zeit zurückzulegen Programm der Revolutionäre von 1848 werden sollte. Einzelne Etappen dieses Weges nachzuzeichnen ist das Ziel dieses Sammelbandes, der sämtliche Vorträge der gleichnamigen Ringvorlesung der Volkshochschule Zürich vom Sommersemester 1997 vereinigt.


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Aufsätze im Chronos Verlag

Inhalt
Beatrix Mesmer: Die Modernisierung der Eidgenossenschaft - Sattelzeit oder bürgerliche Revolution?
Christian Simon: Die Helvetik - eine aufgezwungene und gescheiterte Revolution?
Albert Tanner: «Alles für das Volk» - Die liberalen Bewegungen von 1830/31
Elisabeth Joris: Mündigkeit und Geschlecht: Die Liberalen und das «Recht der Weiber»
Margrit Müller: Nationale Einigung aus wirtschaftlicher Notwendigkeit?
Albert Tanner: Radikalismus - Antijesuitismus - Nationalismus: Die treibenden Kräfte?
Marco Jorio: «Wider den Pakt mit dem Teufel»: Reaktion und Gegenwehr der Konservativen
Carlo Moos: «Im Hochland fiel der erste Schuss»: Der Sonderbundskrieg 1847

Besprechungen
Revolutionäre Schweiz Der Weg zum Bundesstaat tmn. Im Vorfeld der Jubiläumsveranstaltungen von 1998 hat die Zürcher Volkshochschule eine Ringvorlesung über den «Weg zum schweizerischen Bundesstaat 1798-1848» veranstaltet, deren Beiträge nun vereint erschienen sind. Beatrix Mesmer verbindet die (verfassungs)politischen Streitphasen mit der Sprengkraft der sozioökonomischen Dynamik im Konzept der Sattelzeit. Dass dies nicht in herkömmlich materialistischem Sinn zur Reduktion der Sonderbundskrise auf einen wirtschaftlichen Vereinheitlichungsprozess führen soll, macht Margrit Müller deutlich: Konkordatsverhandlungen waren in diesem Zusammenhang eine naheliegende Alternative zu einem Bürgerkrieg, den niemand allein aus ökonomischen Interessen riskieren wollte. Worum es den Radikalen eigentlich ging und welche politischen Konzepte sie erfolgreich für sich monopolisierten, zeigt Albert Tanner: Volkssouveränität, Recht auf Revolution, Nationalismus, den Glauben an Vernunft, Fortschritt und Wissenschaft. Um die liberale Schweiz zu mobilisieren und zu einer Front zu formen, bedurfte es allerdings noch der polarisierenden Jesuitenfrage. Dies gilt auch für die Seite des Sonderbunds, wobei aber Marco Jorio die gerade in dieser Problematik spürbaren, jedoch heute zuwenig wahrgenommenen Unterschiede zwischen den «restaurativen Ultras» wie Siegwart-Müller und den «föderalistischen Konservativen» hervorhebt, welch letztere ihre Geistesverwandten auch in reformierten Kantonen fanden. Weitere Beiträge gelten der Helvetik (Christian Simon), der Regeneration von 1830/31 (Albert Tanner), dem Sonderbundskrieg (Carlo Moos) sowie dem (Privat-) «Recht der Weiber», dessen patriarchale, hausväterliche Beschränkung auch im Rahmen der liberalen Freiheits- und Gleichheitsprinzipien von Elisabeth Joris betont wird. Thomas Hildbrand und Albert Tanner (Hrsg.): Im Zeichen der Revolution. Der Weg zum schweizerischen Bundesstaat 1798-1848. Chronos-Verlag, Zürich 1997. 180 S., Fr. 32.-. Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der NZZ. Neue Zürcher Zeitung POLITISCHE LITERATUR 13.12.1997 Nr. 290 93

Dass die im Sommer 1997 an der Zürcher Volkshochschule gehaltenen Referate eine vergleichsweise grosse Aufmerksamkeit gefunden haben, liegt nicht nur an deren rechtzeitiger Veröffentlichung und leichter Lesbarkeit. Die Mehrheit der Texte wirken tatsächlich so frisch, wie es die Titelseite des Buches verspricht. Statt Altbekanntes wiederzukäuen, werden neue Ansätze und Thesen gewagt. Schade ist nur, dass die Form der Ringvorlesung es nicht erlaubte, diese miteinander zu konfrontieren. Beispielsweise gewichtet Albert Tanners Beitrag über den Radikalismus die weltanschaulichen Konflikte um die «Ordnung der Dinge» (Michel Foucault) völlig anders als Christian Simons Vortrag über die Helvetik. Spannend wäre es auch, Elisabeth Joris' Beitrag über «Mündigkeit und Geschlecht», der den Bogen bis in die Gegenwart spannt, im Zusammenhang mit der liberal-laizistischen Emanzipation der Männer zu diskutieren. Beatrix Mesmer misst dem «Abbau der Verkehrs- und Handelshindernisse» eine grössere Bedeutung für die Gründung des Bundesstaates zu, als es die Wirtschaftshistorikerin Margrit Müller tut. Marco Jorios Bild vom Sonderbund unterscheidet sich stark von dem Carlo Moos'. Auf deren beide Beiträge, die sinnvollerweise den Kulturkampf der 1870er Jahre einbeziehen, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen. Diese Auswahl ist ungerecht gegenüber den anderen AutorInnen, aber nur so ist es möglich, auf kleinem Raum etwas Substantielles zu sagen. Dass Jorio und Moos, die (wie übrigens auch der Rezensent) mit dem Katholizismus nicht nur als Forscher verbunden sind, das Weltanschauliche über das Wirtschaftliche stellen, kann nicht überraschen. Einerseits war die ideologische Auseinandersetzung innerhalb des damals noch nicht gleichgeschalteten Katholizismus besonders hart. Andererseits lässt sich die Scheidung der katholischen Schweiz in liberale und konservative Gegenden mit den ökonomischen Interessenlagen nur halbbatzig erklären. Das unterstreicht am deutlichsten der Tessin. Der wirtschaftlich rückständige Kanton war in den weltanschaulichen Auseinandersetzungen 1841-1847 ein zuverlässiger Partner des cismontanen Freisinns. 1848 aber, wo es mehr ums Praktische ging, lehnte er die Bundesverfassung wegen dem drohenden Verlust von Zolleinnahmen ab. Jorio unterscheidet in seinem Beitrag über die «Gegenwehr der Konservativen» fünf «Grundtendenzen» innerhalb des damaligen Katholizismus. Auf die «Radikalen, Liberalen und das Ðjuste-milieuð» geht er aufgrund der Fragestellung nicht weiter ein. Allein der Umstand, dass er die Reformkatholiken ohne die sonst üblichen Abwertungen erwähnt, ist bemerkenswert. Die Sonderbundsseite unterteilt Jorio in zwei Strömungen: die ab den 1840er Jahren tonangebenden «restaurativen Ultras» und die «föderalistischen Konservativen». Jenen «schwebte die Schaffung einer katholischen Schweiz vor, die auf dem modernen Prinzip der katholischen Volkssouveränität basiert». Allerdings setzte die Bildung eines «quasi souveränen Ðcorpus catholicumð» die «territoriale Umgestaltung der Schweiz» voraus. «Die Erhaltung der Kantonalsouveränität war eigentlich nur Mittel zum Zweck.» Damit weist Jorio auch der neben dem Ökonomischen häufig in den Mittelpunkt gerückten politischen Fragestellung «Staatenbund oder Bundesstaat?» eine zweitrangige Bedeutung beim Ringen um den Bundesstaat zu. Die wichtigsten «Kampfinstrumente der Ultras» waren «die ideologisch-konfessionelle Aufrüstung der Katholiken» durch den Jesuitenorden, das «Gleichziehen mit den Protestanten durch die Gründung einer katholischen Universität» in Luzern, was erst 1889 in Freiburg gelang, und «die Schaffung eines zentralen Führungsorgans der katholischen Schweiz in Form des sonderbündischen Kriegsrates». Die «intellektuellen Ultras» sahen laut Jorio «ihren Kampf in einem europäischen Rahmen» und «waren bereit, mit den restaurativen Kräften zusammenzuarbeiten». Die «intellektuell bescheidenere» Mehrheit, die sich an den Bundesvertrag von 1815 klammerte, folgte Siegwart-Müller, um die kantonale Souveränität und mit dem Jesuitenorden eine offizielle Institution der Kirche zu verteidigen. Anhand des Sturzes der Zürcher Liberalen im September 1839, welche «die Wende zum religiös motivierten Widerstand gegen die Bundesrevision einleitete», zeigt Jorio auf, dass es ähnliche Konflikte zwischen Aufklärung und «Erweckungsbewegung» auch innerhalb der protestantischen Welt gab. Richtigerweise bezeichnet er die Einschätzung durch Ernst Gagliardi, es habe sich beim Straussenputsch um eine «der sonderbarsten Grotesken in der Geschichte des 19. Jahrhunderts» gehandelt, als «diffamierend». Tatsächlich kann man die Dynamik und Thematik der Regeneration, vor allem der zweiten Halbzeit 1839-1847, nur verstehen, wenn man deren beide Hauptströmungen, den konfessionellen Fundamentalismus und den aufklärerischen Antiklerikalismus, wahr- und ernst nimmt. Genau das tut Carlo Moos nicht beziehungsweise zu wenig. Er postuliert zwar ebenfalls einen «Paradigmawechsel», dank dem «die Rolle der Religion» stärker «fokussiert» werden soll. Seine «Bemerkungen zu Sonderbund und Sonderbundskrieg» «fokussieren» dann vor allem die «im Jakobinismus wurzelnden Radikalen», die all die Streitereien angefangen haben und an der politischen «Verhärtung» schuld sein sollen, und einen Konstantin Siegwart-Müller, der letztlich ebenfalls ein «Radikaler» gewesen sei; schliesslich zeichneten ihn «Fanatismus, Arbeitswut und Ehrgeiz» aus. Lag die Unerbittlichkeit der damaligen Auseinandersetzungen nicht eher in den Schlüsselfragen der Zeit: Ist eine Schweiz als Nation denk- und machbar, wenn sie statt auf einer laizistischen Verfassung auf zwei konfessionellen Körpern baut? Ist eine auf freien und gleichen Bürgern bauende Demokratie in einem mehrkonfessionellen Land möglich ohne überkonfessionelle Staatlichkeit? Moos weicht diesen Alternativen aus. So bezeichnet er die gescheiterte «Bundesurkunde» von 1832/33 als «brauchbaren Entwurf», erwähnt aber die teils heftige klerikale Opposition dagegen nicht. Weil damit offensichtlich würde, dass der Konflikt zwischen Konfessionalismus und Laizismus bereits vor den Badener Artikeln (1834), den Klosteraufhebungen (1841) und der Jesuitenkampagne (1844-1847) stattfand. Die konservative Luzerner Verfassung von 1841 wird als eine «mit christlicher Ausrichtung» vorgestellt. Tatsächlich baute sie auf einem katholischen Fundament, das protestantischen Mitchristen keinen Platz bot. Siegwart-Müllers «Umbauplan der Schweiz», der unter anderem die Rekatholisierung des Berner Oberlandes und die Halbierung des Aargaus beinhaltete, wird relativiert mit dem Hinweis, dass er «zur Verwirklichung einen Sieg vorausgesetzt hätte, wie er selbst Siegwart-Müller so total nicht ernsthaft hatte vorschweben können». Hätte nicht allein der Versuch, solch unpraktikable «Vorstellungen» durchzusetzen, das Ende der Schweiz und erst recht das der Demokratie bedeutet? Im Zusammenhang mit der päpstlichen «Zusammenstellung der hauptsächlichsten Irrtümer unserer Zeit», einer kirchlich und politisch verhängnisvollen Kriegserklärung an den Liberalismus, spricht Moos vom «unglücklichen Syllabus Ðerrorumð von Papst Pius IX. aus dem Jahre 1864». War die sechs Jahre später folgende Unfehlbarkeitserklärung, welche dem päpstlichen Absolutismus die Krone aufsetzte, auch ein blosser Unglücksfall? Die «restaurativen Ultras» haben auf der staatlichen Ebene verloren - gegenüber dem laizistischen Freisinn wie auch gegenüber den «föderalistischen Konservativen». Allerdings lassen sowohl Jorio als auch Moos unerwähnt, dass sie sich innerhalb der Kirche weitgehend durchgesetzt haben. Dass dies nicht nur milieu- und mentalitätsgeschichtlich, sondern auch politisch bedeutsam war, zeigte sich bereits in den Auseinandersetzungen um die Judenemanzipation in den 1860er Jahren. In diesem Zusammenhang erfanden im Piusverein organisierte «Ultras» wie Theodor Scherer-Boccard, ehemaliger Sekretär von Siegwart-Müller, den christlich-nationalistischen Antisemitismus, der dann später zum typisch schweizerischen werden sollte. Es ist schade, dass die Forschung und die Diskussionen um die Regeneration und den Bundesstaat nicht enger mit den Debatten um die 30er und 40er Jahre dieses Jahrhunderts verbunden wurden. Am besprochenen Buch, dessen Umschlagbild eine «Volksversammlung» für eine offene Asylpolitik aus dem Jahre 1836 darstellt, lag es nicht. Josef Lang (Zug) traverse - Zeitschrift für Geschichte - Revue d'histoire 1999 / 01