1770 versuchen Jakob Sulser und Christian Gafafer gerichtlich durchzusetzen, dass ihr «Sagerlohn» nicht mehr in Form von Obstwein, sondern mit Geld entrichtet werden muss. Ihre Klage ist erfolgreich; nur noch arme Leute dürfen mit Obstwein bezahlen, alle anderen müssen die Sägemüller mit Geld entlöhnen. Die unscheinbare Quelle hat eine Menge zu erzählen: über den Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft, über Arm und Reich sowie über die Möglichkeit für einfache Leute, wirtschaftliche Änderungen auf dem Rechtsweg zu erwirken.
Unter den 137 hier edierten Quellen finden sich Urkunden über Grenzen, Käufe von Alpen oder die Nutzung von Gemeindegütern ebenso wie Gerichtsprotokolle, Verwaltungsakten, Alp- oder Gemeindebücher. Diese breite Basis bietet nicht nur einen detaillierten Einblick in den Alltag einer Gemeinde und ihrer Bewohnerschaft, sondern auch in Verwaltung, Rechtsnormen und -praxis auf lokaler, regionaler und herrschaftlicher Ebene. Ebenso ermöglichen sie neue Erkenntnisse zu wirtschaftlichen, politischen oder kirchlich-religiösen Belangen. Im Unterschied zu den Editionen mit nationalem, regionalem oder städtischem Bezug weist der vorliegende Band einen lokalen Schwerpunkt auf.
Mit dem vorliegenden Werk hat der 2021 jung verstorbene Martin Graber ein für den Kanton St. Gallen einzigartiges Quellenwerk und eine wertvolle Grundlage für die weitere Erforschung der Lokalgeschichte, ihrer Herrschaftsträger sowie der Beziehungen zwischen Gemeinde, Herrschaften und benachbarten Regionen geschaffen.
Der Hauptteil besteht aus einem lokalhistorischen Überblick und einer wissenschaftlichen Edition unterschiedlicher Quellen aus den Jahren 1434–1798. Die Historikerin Sibylle Malamud und der Lokalhistoriker Jürg Gabathuler betreuten die Veröffentlichung des vorliegenden Werks.