«Nobelhotel für Versager»

Das Landerziehungsheim Albisbrunn in den Akteur-Netzwerken des Schweizer Heimwesens 1960–1990

Historische Bildungsforschung, Band 14
Gebunden
2023. 432 Seiten, 38 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-1708-4
CHF 58.00 / EUR 58.00 
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Ohne Schlafsäle, dafür mit Porzellantellern und weissen Tisch­tüchern im Speisesaal, galt das Zürcher Land­erziehungsheim Albisbrunn lange als Musterinstitution, um «schwererziehbare» Knaben und männliche Jugendliche zu bessern – Albisbrunn hatte den Ruf, ein «Nobelhotel für Versager» zu sein. Die Studie untersucht, wie Albisbrunn von 1960 bis 1990 als Teil eines weitverzweigten Netzwerks «­funktionierte».
Die Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen durch Behörden, Gerichte und Eltern war auch in Albisbrunn mit viel Leid verbunden. Sowohl die betroffenen «Zöglinge» als auch die für die Heimerziehung Verantwortlichen produzierten dabei in vielfältiger Weise Bedeutung, um mit den an sie heran­getragenen, schwer zu lösenden Aufgaben und Zumutungen umzugehen. Um sich der verwirrenden Komplexität dieser Bedeutungskonstituierung zu nähern, analysiert die Studie ausgehend vom Fallbeispiel Albisbrunn, wie sich Akteure in Netzwerken zusammenschlossen. Hierfür wird auf die von ­Bruno Latour und anderen entwickelte Akteur-Netzwerk-Theorie zurück­gegriffen. Anhand von fünf für die Akteure bedeutsamen Kontroversen – Buchhaltung, Drogen, Heimforschung, Heim­kritik und das Projekt einer pädagogisch-­therapeutischen Intensiv­abteilung – lässt sich aufzeigen, wie die Akteur-Netzwerke «funktionierten».

studierte Erziehungswissenschaft an der Universität Basel und promovierte im Rahmen eines Nationalfondsprojekts zum Themenbereich «Fürsorge und Zwang» an der Universität Zürich.


Bücher im Chronos Verlag

Besprechungen

«Die äusserst fundierte Studie von Daniel Deplazes füllt mit ihrem spezifischen Ansatz Lücken innerhalb der eingangs erwähnten Forschungsprogramme und knüpft an Untersuchungen zur stationären Kinder- und Jugendfürsorge in der Schweiz an. Darüber hinaus bietet sie zahlreiche Einblicke in Nebenschauplätze und politische Diskurse, die mit dem Heimbetrieb in Albisbrunn in Verbindung standen. […] Inspirierend ist ausserdem das Quellenkorpus, das neben Spiel- und Dokumentarfilmen Sendungen aus dem SRF-Medienarchiv miteinbezieht, einem bislang selten genutzten Fundus. […] Insofern handelt es sich bei dieser Studie nicht um eine trocken-theoretische Lektüre, sondern um einen originellen Streifzug, begleitet zuweilen von latenter Ironie, stets mit Ausgangspunkt Albisbrunn.»

Kevin Heiniger, H-Soz-Kult, 6.5.2024