Im Auftrag von Fürstabt Gerold II. Meyer wurde 1789 mit den Arbeiten für einen Neubau des Benediktinerklosters Muri begonnen. Hätte das Projekt ausgeführt werden können, wäre eine der grössten Klosteranlagen der Schweiz entstanden. Die Arbeiten wurden jedoch 1798 unterbrochen und nie zu Ende geführt. Anhand der Projektentwicklung wird dargestellt, wie die Bauherren auf die Umwälzungen der Aufklärungs- und Revolutionszeit reagierten. Dabei lassen die mit dem Neubau verbundene Vergrösserung der Bibliothek und die angestrebte Öffnung der Klosterschule vermuten, dass das Kloster seine zunehmend angefochtene Nützlichkeit für die Gesellschaft beweisen wollte, indem es seine Tätigkeit in den Bereichen Bildung und Wissenschaft verstärkte. Weiter zeigt die Arbeit, woher die finanziellen Mittel für den Neubau kamen und wie das Kloster seine Pläne anpasste, als sich mit Helvetik, Mediation und Restauration die ökonomischen und rechtlichen Verhältnisse in kurzen Abständen fundamental veränderten.
1 Einleitung
1.1 Erkenntnisinteresse und Fragestellung
1.2 Forschungsstand und Quellenlage
1.3 Theoretisches Konzept
1.4 Aufbau und methodisches Vorgehen
2 Auf dem Höhepunkt der Macht- und Prunkentfaltung
2.1 Nachtridentinische Reformen und wirtschaftlicher Aufschwung
2.2 Das Kloster Muri wird Fürstabtei
2.3 Aufbau einer eigenen Territorialherrschaft
2.4 Fazit
3 Klosterkritik und Aufklärung
3.1 Das Projekt einer benedictino-bernhardinischen Universität
3.2 Der Bucherwerb unter Gerold II.
3.3 Fazit
4 Klösterliche Ökonomie und Finanzierung des Neubaus
4.1 Vermögen
4.2 Einnahmen
4.3 Ausgaben
4.4 Kreditwesen
4.5 Fazit
5 Das Neubauprojekt
5.1 Entscheidungsfindung und Baubeschluss
5.2 Das Bauprojekt
5.3 Anzahl und Verwendungszweck der Räumlichkeiten
5.4 Reaktionen auf das Bauprojekt
5.5 Die helvetische Revolution
5.6 Fazit
6 Die Verwendung des Neubaus als Unterrichtsgebäude
6.1 Das Kloster Muri zu Beginn der Mediation
6.2 Das Projekt eines katholischen Gymnasiums im Kanton Aargau
6.3 Das Projekt eines aargauischen Priesterseminars
6.4 Das Verhältnis des Klosters zur Schule
6.5 Der Ausbau der Klosterschule
6.6 Fazit
7 Ein letzter Vollendungsversuch?
7.1 Finanzielle Lage
7.2 Nutzung des Süd- und Osttrakts
7.3 Fazit
8 Schluss
8.1 Beginn der Planung und Einfluss der Standeserhebung
8.2 Finanzierung des Neubaus
8.3 Der Zweck des Neubaus
8.4 Anpassung der ursprünglichen Pläne
8.5 Fazit und weiterführende Gedanken
9 Anhang
9.1 Die Äbte des Klosters Muri
9.2 Der Ritterkanton Neckar-Schwarzwald
9.3 Einnahmen der Ämter und Statthaltereien
9.4 Übrige Einnahmen
9.5 Einnahmen und Ausgaben
9.6 Grundrisse und Transkription der Legende
10 Bibliografie
11 Namen- und Ortsregister
Im Jahr 2027 wird das Benediktinerkloster Muri sein tausendjähriges Bestehen feiern. Im Hinblick auf dieses Jubiläum wurde das Projekt «Geschichte Kloster Muri» ins Leben gerufen, das von der gleichnamigen Stiftung getragen wird. Zum Gesamtprojekt gehört auch die Publikation von Themenheften und Monografien, die sich mit Aspekten der Klostergeschichte befassen.
«Es handelt sich um die Dissertation eines Archivars mit starken wirtschafts- und institutionengeschichtlichen Interessen, der das Bauprojekt zum Anlass nimmt, eine quellengesättigte Universalgeschichte des Kloster Muri im letzten Jahrhundert seines Bestehens vorzulegen. Akzeptiert man diese aus dem Untertitel nicht unbedingt ersichtliche Perspektive, bietet der Band reichen Erkenntnisgewinn über einen hochinteressanten Sonderfall, dessen Schicksal sich durch seine Lage in der Schweiz signifikant von den bekannteren Beispielen aus Deutschland und Österreich unterscheidet.»
«Die Abtei Muri hat durch die Dissertation eine umfassende Untersuchung über seine Geschichte im 18. Jahrhundert erhalten. Dabei wurde weitgehend wissenschaftliches Neuland betreten. Der Band ist nicht nur für die Klostergeschichte bedeutsam, sondern auch für die baden-württembergische Landesgeschichte, da der Erwerb der Herrschaften außerhalb der Eidgenossenschaft in die Untersuchung einbezogen wurde und ebenso die finanzielle Situation der verschiedenen Adelsfamilien.»
«Die Untersuchungen, die aus einer breiten Überlieferung aus allen infrage kommenden Archiven sowie Quellendrucken schöpfen, fundieren wiederholt in der Forschung nicht oder kaum beachtete Sachverhalte und Sichtweisen und rücken gerade aufgrund einer profunden Quellenanalyse scheinbar gesicherte Anschauungen gerade. [...] Gleichsam als Mythos mutet die in der bisherigen Forschung kolportierte Feststellung an, der Neubau im späten 18. Jahrhundert habe vorrangig das Ziel verfolgt, Räume für den Ausbau der Klosterschule zu gewinnen. Indem der Autor konsequent Raumprogramm und Bauabsicht quantitativ und qualitativ aufeinander bezieht, erscheint der schulische Zweck gegenüber dem dominierenden klösterlichen Repräsentationsanspruch, der sich besonders in dem klösterliche Kaisersäle zitierenden Festsaal verwirklichte und damit eine gewisse Reichsnähe dokumentierte, marginal. [...] Die Studie leistet unbestritten sachlich, methodisch und theoretisch Vorbildliches und fordert nachdrücklich dazu auf, weitere derart fundierte Forschungen durchzuführen.»
«Die Arbeit von Pascal Pauli bietet sehr viele Perspektiven zur Klostergeschichte allgemein; den Ausführungen zur Ökonomie und der Bauorganisation folgt man mit Spannung. Das Werk beruht auf einem imponierenden Quellenkorpus, namentlich aus dem Aargauischen Staatsarchiv und dem Stiftsarchiv Muri-Gries, dazu nicht weniger als 15 weiteren Fundstätten.»