Die Rede vom Matriarchat
Zur Gebrauchsgeschichte eines Arguments
Gebunden
2011. 472 Seiten
ISBN 978-3-0340-1067-2
CHF 68.00 / EUR 58.00 
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Das Matriarchat begegnet gegenwärtig vor allem in esoterischen und/oder feministischen Kreisen. Ihnen gilt das Matriarchat als positiv evozierte, in früheren Zeiten weltweit verbreitete, friedliche Gesellschaft mit einem Kult der Grossen Göttin – als Herrin über den ewigen Kreislauf von Leben und Tod. Diese Gesellschaftsordnung soll in historischen Zeiten vom Patriarchat abgelöst worden sein. Die Genese dieser Vorstellung, die in verschiedensten Zusammenhängen auftritt, wird aufgerollt.
Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert griffen zahlreiche Wissenschaftsdisziplinen die Vorstellung von der einstigen Vormacht des weiblichen Geschlechts im religiösen, sozialen und kulturellen Bereich auf. An der Ausgestaltung beteiligten sich unter anderem Religionswissenschaft, Archäologie, Volkskunde und Psychologie. Nicht nur in den Wissenschaften fand das Matriarchat eine Heimstatt. Auch verschiedene soziale Bewegungen wie die erste Frauenbewegung, die Lebensreformbewegung oder gewisse religiöse Strömungen sowie die zweite Frauenbewegung entdeckten den Reiz des Matriarchats, um für andere Gesellschaftsformen zu plädieren. Ihnen ging es um die erneute Etablierung des Matriarchats als Prototyp einer als besser verstandenen Gesellschaft.
Die Rekonstruktion der Entstehungs- und Verwendungszusammenhänge unter Berücksichtigung des gesellschaftlichen und kulturellen Kontextes zeigt auf, dass der Bezug auf die unterschiedlich ausgeformte Vorstellung vom Matriarchat seit ihrem ersten Auftreten im 19. Jahrhundert ideologisch aufgeladen wurde und als Ausdruck von jeweils aktuellen Sehnsüchten und Ängsten fungierte.

Geb. 1976. Promotion 2010. Lehrbeauftragte am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich.


Aufsätze im Chronos Verlag

Inhalt
Einleitung

Grundlagen

Gebrauchsgeschichte des Matriarchats I
Entwürfe in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen

Geschlechtscharaktere oder die Konstruktion des Weiblichen
Johann Jakob Bachofen und seine Vorläufer
Der kulturelle Evolutionismus oder die Entstehung der Familie
Religionswissenschaft oder die Erschaffung der Grossen Göttin
Archäologie oder die Suche nach dem Matriarchat
Volkskunde oder die Prominenz der Hexe
Psychologie oder die Grosse Mutter

Gebrauchsgeschichte des Matriarchats II
Anwendungsversuche in sozialen Bewegungen

Sozialismus oder die Klage über die weltgeschichtliche Niederlage der Frau
Erste Frauenbewegung oder die Entdeckung des goldenen Zeitalters
Lebensreform oder zurück zum Mutterrecht
Völkische Bewegung oder die arteigene Göttin
Neue religiöse Erscheinungen oder alte Religion
Zweite Frauenbewegung oder die Wiederentdeckung des goldenen Zeitalters

Zusammenfassung

Bibliographie

Pressestimmen
«Die Kontroverse um den Weltkongress für Matriarchatsforschung, der dieses Frühjahr in St. Gallen stattgefunden hat, macht deutlich, wie schwierig es für Aussenstehende ist, diesen Flügel des Radikalfeminismus einzuordnen. Die Zürcher Dissertation von Meret Fehlmann bietet hier eine verlässliche Orientierungshilfe.» Beatrix Mesmer, NZZ, Bücher am Sonntag