«Nur ein Durchgangsland»
Arbeitslager und Internierungsheime für Flüchtlinge und Emigranten in der Schweiz 1940–1949
Broschur
2006. 278 Seiten, 25 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0743-6
CHF 42.00 / EUR 28.00 
  • Kurztext
  • Autor/in
Der Schweizer Bundesrat beschloss im Oktober 1939 die Internierung von längerfristig in der Schweiz sich aufhaltenden zivilen Flüchtlingen, weil die seit 1933 gesetzlich vorgeschriebene Weiterwanderung - die «Transmigration» - als Bedingung für die Aufnahme in der Schweiz unmöglich geworden war. Mit der Internierung wollte man verhindern, dass Flüchtlinge und Emigranten sich in der Schweiz beruflich und sozial integrierten und sich auf Dauer niederliessen. Im April 1940 wurde für die Umsetzung des Beschlusses des Bundesrates eigens eine Behörde gegründet: die «Zentralleitung der Arbeitslager» (ZL). Es war diese der Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) unterstellte Organisation, die das zivile Internierungssystem aufbaute und bis 1949 betrieb.
Das Buch untersucht Errichtung und Betrieb der Lager und Heime - im März 1945 waren es insgesamt 104 mit 12'574 Internierten - und stellt sie in den Zusammenhang der eidgenössischen Überfremdungsabwehr seit dem Ersten Weltkrieg. Aufbau, Arbeitsweise und Ethos der ZL werden rekonstruiert, wobei Arbeitseinsatz, geregelter Tagesablauf und Lagerdisziplin als Instrumente einer Politik der gezielten Umerziehung im Sinne antimodernistischer und ständestaatlicher Vorstellungen dienten. Ziel der Internierung blieb dabei stets die Weiterwanderung, wie sie dann nach 1945 umgesetzt wurde.
Das System der Arbeitslager und Interniertenheime wird aber nicht nur aus der Sicht der Behörden beschrieben. Auch die Sicht der Betroffenen kommt zum Zug. Anhand individueller Zeugnisse wird rekonstruiert, wie die Flüchtlinge und Emigranten ihre Internierung erlebten und wie sie mit dem oft jahrelangen Freiheitsentzug umgingen. Es entsteht ein eindrückliches Bild einer komplexen Lagerwirklichkeit, welches das Spezifische des schweizerischen Lagersystems klar aufzeigt.
Als Quellen dienten Aktenbestände der Behörden, der Lagerverwaltungen, der Flüchtlingshilfsorganisationen und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, aber auch Tagebücher und Erinnerungen von Internierten sowie Interviews mit Zeitzeugen.