Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden Begriffe wie «Cyborg», «Hybrid», «Android», die Mischwesen aus Mensch und Maschine bezeichnen, hauptsächlich in der schrillen Welt der Science Fiction Literatur verwendet. Heute gehören sie zu den dominanten Metaphern eines Diskurses, der das Zeitalter des Posthumanismus aufscheinen sieht. Die symbiotische Vereinigung von Körper und Technik, so befürchten viele und feiern manche, soll durch neueste Entwicklungen in Feldern wie der Künstlichen Intelligenz und Neuroprothetik, der Bio- und Gentechnik und seit jüngstem der Nanotechnologie vor ihrer Vollendung stehen. Chips im Gehirn, manipulierte Keimzellen oder die kontrollierte Steuerung biologischer Substrate auf der Nanoebene - die biotechnischen Forschungspotenziale scheinen unbegrenzt. Ohne Kontrolle werden sie den Menschen, so wird orakelt, zu einer gefährdeten Spezies machen.
Entgegen jedem posthumanistischem Credo gehen die in diesem Band versammelten Autoren von der Grundannahme aus, dass der menschliche Körper nicht gesamthaft technisierbar ist, sich folglich auch nicht in Technik auflösen wird. Diese Annahme beruht nicht so sehr auf einer Vorstellung von den Grenzen des technisch Machbaren, die prometheische Visionen immer wieder auf den Boden der Realität zurückholt. Zwar kann die lange Geschichte der Körpertechnologien vielfach von dem Widerspruch zwischen Fakt und Fiktion, programmatisch Entworfenem und tatsächlich Erreichtem erzählen. Ungeachtet dessen war der menschliche Körper jedoch zu keinem Zeitpunkt ein vorgängig gegebenes Objekt technischer Manipulation. Vielmehr wurden in wechselnden historischen Konstellationen immer wieder neue Vorstellungen vom Körper durch ein Gefüge verschiedenster Verfahren, Diskurse und Praktiken erzeugt, die als Ausgangspunkt für technische Versuche zur Verbesserung einzelner Körperfunktionen dienten.
Aufschlussreicher als das abstrakte evolutionäre Denken einer uneinholbar fortschreitenden technischen Auflösung des Menschlichen ist daher die konkrete Untersuchung einzelner Projekte, die unter je spezifischen epistemischen Voraussetzungen das Verhältnis von Mensch und Maschine, Technik und Körper neu zu gestalten versuchten. An Beispielen wie dem künstlichen Auge, Ohr oder Herzen, der technischen Wiederherstellung des kriegsversehrten Körpers oder der Selbsterschaffung durch Wellnesstechnologien und Schönheitschirurgie zeigen HistorikerInnen und WissenschaftsforscherInnen in diesem Band, dass die lange Zeit unhinterfragte Dichotomie von «Natur» und «Technik» nicht erst in Folge jüngster Entwicklungen fragwürdig geworden ist.