Historiker und das Internet
csc. Ein einzige Buch gebe es, in dem alles stehe, was man wissen müsse, und zwar das «Schlaue Buch» von Donald Ducks Neffen Tick, Trick und Track, schreibt Peter Haber in seinem Beitrag über das «Google-Syndrom» im neuen Band von «Geschichte und Informatik», einer ersten Bilanz über den Umgang von Historikern mit dem Internet. Auch wenn das «Schlaue Buch» in Entenhausen bleiben muss - die zehn Artikel des Bandes thematisieren eine ganze Reihe (schlauer) Internet-Angebote, vom Lernportal «Ad fontes» bis zur freien Enzyklopädie «Wikipedia». Ob der unbekümmerte Nutzer machen sich die beitragenden Online-Spezialisten aber auch Sorgen um das Fach Geschichte. Die Regeln der Buchwelt seien im Zeitalter digitaler Netze weitgehend ausser Kraft gesetzt, so der Mitherausgeber Peter Haber. Quellenkritik, ein wesentlicher Teil des historischen Handwerks, müsse deshalb neu eingeübt werden - nur wisse niemand, nach welchen Regeln dies geschehen solle. Eine Richtungsanzeige gibt Stefanie Krüger: Es werde für die Geisteswissenschaften immer wichtiger, ihre heuretischen Verfahren offenzulegen. Eine fundierte Kenntnis der digitalen wie auch der traditionellen Such- und Informationsräume sei deshalb nötig. Sehr kritisch äussern sich mehrere Beiträger über die (populäre) Präsentation von Geschichte im Internet, etwa über den Internet-Auftritt der George-Washington-Gedenkstätte Mont Vernon, die ein antiquarisch-reduktionistisches Geschichtsbild reproduziere und «Geschichte als Ware» verkaufe.
Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der NZZ
Ausgabe vom 21./22. Januar 2006
«Durchweg findet sich in den Beiträgen eine grosse Sachlichkeit; sie macht den Blick frei für die anstehenden Herausforderungen, die das Internet der Geschichtswissenschaft (und mutatis mutandis auch anderen Geisteswissenschaften) stellt. Darauf hinzuweisen und damit die nächsten notwendigen Aufgaben vor allem im Bereich der Didaktik und der Methodik zu benennen ist der eigentliche Ertrag dieses gelungenen Bandes.»
H-Soz-u-Kult