Gegenleben
Die Sozialistin Margarethe Hardegger und ihre politischen Bühnen
Gebunden
2003. 436 Seiten, 60 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0639-2
CHF 48.00 / EUR 32.00 
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Diese Biografie ist ungewöhnlich im doppelten Sinn des Begriffs, der sowohl eine Lebensgeschichte meint als auch ein literarisches Genre. So entspricht weder Margarethe Hardeggers Leben dem gängigen Lebenslauf einer kleinbürgerlichen Frau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch das Buch mit seinem Aufbau einer konventionellen biografischen Darstellung. Das eine hat mit dem anderen zu tun: Darstellung und Lebensgeschichte gehören eng zusammen.
Margarethe Hardegger war eine aussergewöhnliche Frau. Sie lebte den Sozialismus hier und jetzt. Sie predigte und praktizierte die freie Liebe. Sie verkehrte in der Münchner Boheme und in der Berliner Anarchistenszene. Sie agitierte für Empfängnisverhütung und half bei Abtreibungen. Sie engagierte sich gegen den Faschismus und kämpfte für den Frieden. Sie lebte viele Jahrzehnte im Tessin im Schatten des Monte Verità und war international vernetzt. Sie hielt zu ihren Freunden und sass deswegen im Gefängnis. Zudem war sie Ehefrau und Mutter, die erste Arbeiterinnensekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Geliebte der anarchistischen Schriftsteller Gustav Landauer und Erich Mühsam, Freundin des Arbeiterarztes Fritz Brupbacher und der Chemikerin und Pazifistin Gertrud Woker. Sie verkörperte die sozialen und politischen Ideale einer Szene, die man heute links nennt. Sie war kompromisslos, deprimiert, idealistisch ... Und sie war vor allem eines: eine Frau, die Ideen und Menschen zusammenbrachte, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören, eine unermüdliche Aktivistin, die überall dabei war, mit dem Ziel, die Gesellschaft zu verbessern und einen neuen Menschen zu schaffen.
In Margarethe Hardeggers Biografie kommen sozialistische, lebensreformerische und friedenspolitische Lebensentwürfe zusammen. Das Augenmerk gilt darum ihrer Biografie und diesen Entwürfen, ihrer Lebensgeschichte und der Geschichte der Organisationen, in denen sie aktiv war. Deshalb hat die Autorin nicht nur einen Zugang gewählt, um sich Margarethe Hardeggers Biografie zu nähern, sondern zwei; sie konzentriert sich nicht allein auf eine Erzählung, sondern bietet viele Erzählungen.

Ina Boesch ist Kulturwissenschaftlerin und Kulturjournalistin (Schweizer Radio DRS2, Buchbeilage der NZZ am Sonntag). Viele Jahre Tätigkeit als Kulturredakteurin bei Schweizer Radio DRS sowie als Dozentin an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich mit den Schwerpunkten Zeitgeschichte, Biografieforschung, Migration/Transkulturalität und spanischsprachige Literatur. Leitung von verschiedenen Kulturaustauschprojekten, Mitbegründerin der Kulturplattform „hexperimente“. www.inaboesch.ch


Bücher im Chronos Verlag

Pressestimmen
«Nah an den Menschen herangehend und mit den Methoden einer empathischen Spurensicherung hat Ina Boesch die Lebens- und Interessenweg dieser eigenwilligen Frau zusammengetragen. Sollte man sie eine Sozialistin nennen? Eine frühe Apologetin der freien Liebe? Eine Anarchistin? Eine Idealistin? Gar, mit biblischem Unterton, eine Menschenfischerin? - Ina Boesch ist mit bestrickender Energie dem unkonventionellen Schicksal dieser Nonkonformistin gefolgt. Die einfühlsam geschriebene Biografie blättert vor den Augen des Lesers zudem ein reichhaltiges Kapitel der jüngeren Schweizer Sozialgeschichte auf.» NZZ (ganze Rezension unter «Besprechungen»)

«Es ist eine Lebensgeschichte voller Verwicklungen und Turbulenzen, wie sie kein Romanschriftsteller zu erfinden wagte. Ina Boesch erzählt sie spannend und mit viel Geschick.» Daniel Suter im Tages-Anzeiger

«Ein lebendiges Lesebuch für Linke» Hans Steiger im PS

Besprechungen
Eine Idealistin? lx. Wer sich der bisher nur im kleinen Kreis bekannten Schweizer Sozialistin Margarethe Hardegger - sie wurde 1882 in Bern geboren und verstarb 1963 im Tessin - über das Bildmaterial nähert, das die Kulturwissenschafterin Ina Boesch in der anzuzeigenden Monographie versammelt hat, staunt über die vielen Gesichter der Porträtierten. Stuttgart, 1907, ein Gruppenbild mit Damen: Clara Zetkin, Lily Braun, Rosa Luxemburg, Alexandra Kollontaij, zuvorderst und ganz in Weiss Margarethe Hardegger; die Schweizerin zählt kaum fünfundzwanzig Lenze, gehört aber schon zur Crème der Internationalen Sozialistinnen. Eines der letzten Bilder zeigt die alte Dame - das kurz geschnittene Haar und der Anzug würden jeden uninformierten Beobachter über ein eindeutiges Geschlecht hinwegtäuschen - in einem Gartenstuhl, Anfang der 1960er Jahre. Der Blick geht direkt in die Augen des Betrachters, er mischt Skepsis und Altersmilde, zeugt aber auch von einem reichen und nicht nur rosigen Leben. Nah an den Menschen herangehend und mit den Methoden einer empathischen Spurensicherung hat Ina Boesch die Lebens- und Interessenwege dieser eigenwilligen Frau zusammengetragen. Sollte man sie eine Sozialistin nennen? Eine frühe Apologetin der freien Liebe? Eine Anarchistin? Eine Idealistin? Gar, mit biblischem Unterton, eine Menschenfischerin? - Ina Boesch ist mit bestrickender Energie dem unkonventionellen Schicksal dieser Nonkonformistin gefolgt. Die einfühlsam geschriebene Biografie blättert vor den Augen des Lesers zudem ein reichhaltiges Kapitel der jüngeren Schweizer Sozialgeschichte auf. Ina Boesch: Gegenleben. Die Sozialistin Margarethe Hardegger und ihre politischen Bühnen. Chronos-Verlag, Zürich 2003. 436 S., Fr. 48.-. Publiziert mit freundlicher Genehmigung der Neuen Zürcher Zeitung Neue Zürcher Zeitung FEUILLETON Samstag, 08.11.2003 Nr.260 48 (c) 1993-2004 Neue Zürcher Zeitung AG Blatt 1