Essay / Essai
Die sichtbare, die kollektive Zeit ist verschwunden.
Der Schriftsteller Emil Zopfi im Gespräch mit Fridolin Kurmann und Martin Leuenberger
Schwerpunkt / Dossier Thématique
Gewalt Violence
Albert Schnyder Burghartz
Im Namen der Liebe
Gewalt als Interaktionsmodus in heterosexuellen Paarbeziehungen
Alberto Godenzi
Résumé
Texte und Kontexte der Missbrauchsdebatte 1890/1990
Franziska Lamott
Résumé
A propos des femmes tondues
François Rouquet, Danièle Voldman (avec la collaboration de Gabrielle Drigeard)
Zusammenfassung
Démolition
Vom Schlachten der Zimmer oder das Abschlachten der Räume
Niklaus Lenherr
L¹homicide est-il un crime?
Honneur et violence en France aux XIVe et XVe siècles
Madame Claude Gauvard
Zusammenfassung
Gewalt und Zivilisationsprozess
Martin Dinges
Résumé
Vom Malefikanten zum Zeugen Gottes
Zum christlichen Fest der staatlichen Strafgewalt im frühen 18. Jahrhundert
Uwe Danker
Résumé
Nommer l¹enfant vicieux au XIXe siècle
La violence des mots dans la protection de l¹enfance, à l¹exemple de la ville de Genève
Martine Ruchat
Zusammenfassung
Debatte / Débat
«Wir sind keine Alpenfabeltiere»
Geschichte, Mythos und Identität im Kanton Uri Gedanken zu einer Umfrage aus aktuellem Anlass
Thomas Hildbrand, Beatrice Schumacher
Oral History mehr als eine Methode der Alltagsgeschichte
Ueli Häfeli
Dokument / Document
Die Lehrerprüfungen der Jahre 1832 und 1833
Hans-Ulrich Schiedt
Besprechungen / Comptes rendus
Literatur zum Thema / Comptes rendus thématiques
Allgemeine Besprechungen / Comptes rendus généraux
Autorinnen und Autoren
Das Thema Gewalt ist in aller Mund und vor aller Augen, es beschäftigt Blick-Leser/innen genauso wie die Leitungsteams von Tagungsstätten, Filmfans ebenso wie Intendanten von Fernsehanstalten, Politiker/innen wie auch Lehrer/innen. Wir alle sind mit Gewalt, genügend Aufmerksamkeit vorausgesetzt, fast tagtäglich konfrontiert. Es sind zum einen verschiedene Formen innergesellschaftlicher Gewalt, die in sog. hochentwickelten Gesellschaften vermehrt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit fesseln, so die Gewalt gegen Fremde, einmal mehr die Gewalt von und unter Jugendlichen und die Gewalt in den Medien. Zum andern ist es der Krieg, der für die europäischen und die amerikanischen Gesellschaften wieder ein Thema geworden ist. Dabei, so muss man gleich anfügen, herrschte seit 1945 immer irgendwo Krieg auf dieser Welt. Ob also Gewalt in all ihren momentanen Erscheinungsformen wirklich wieder häufiger ist oder ob sich die Wahrnehmungsmuster verändert haben, ist eine offene Frage, zumal sich derartige gesellschaftliche Diskussionen immer innerhalb bestimmter Herrschaftsverhältnisse abspielen.
Das Ausmass und die Intensität der Debatten weisen auf Verunsicherung und Überraschung durch diese Formen der Gewalt hin. Viele Leute rechneten nicht mehr damit, dass Gewalt für moderne Gesellschaften von zunehmender Bedeutung sein könnte. Diese Haltung wurzelt in der verbreiteten Vorstellung, die Entwicklung hin zu einer demokratisch-pluralistischen, industriellen Gesellschaft laufe automatisch parallel mit einem generellen Rückgang der Gewalt. Insbesondere die physische Gewalt als die Gewalt par excellence in traditionalen Gesellschaften wäre demnach im Zuge zunehmender sozialer und politischer Differenzierung zurückgedrängt und durch verinnerlichte Zwänge ersetzt worden. Es ist sicher unbestreitbar, dass Modernisierungsvorgänge und der Zivilisationsprozess, wie ihn Elias für europäische Gesellschaften einprägsam auf den Begriff gebracht hat, zu anderen Formen von Gewalt sowie zu anderen Umgangsformen zwischen den Menschen geführt haben, dies insbesondere im Zusammenhang mit einer starken, wenn auch keineswegs ausschliesslichen Zentralisierung legitimer Gewalt beim Staat. Die Idee jedoch, dass damit unumkehrbare Entwicklungen, endgültige Fortschritte, hin zu weniger Gewalt verbunden gewesen wären, hat sich als Illusion herausgestellt.
Um so intensiver bemühen sich Politiker/innen, Wissenschaftler/innen, Psychiater/innen und Sozialarbeiter/innen, Polizist/inn/en und Richter/innen zu verstehen, was Gewalt sei. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Definitionen haben mit den praktischen Zwecken der Definierenden zu tun. Jurist/inn/en werden Gewalt in vielerlei Hinsicht anders sehen als Psycholog/inn/en. Des weitern gehen die Differenzen auf Einschränkungen des Fragebereichs zurück hier dominiert immer noch das starke Interesse für die physische Gewalt und die Konzentration auf die Gewaltausübung im politischen Zusammenhang: den Krieg. Gemeinsam ist den zahllosen Definitionen und Annäherungsversuchen jedoch das zentrale Moment der Beeinträchtigung, der Behinderung, der Schmerz- und Leidenszufügung, so etwa in der Definition des Europarates: «Der Begriff Gewalt [] beschreibt Situationen, wo [Männer oder Frauen] zu einer Beziehung, einem Kontakt oder einer Tätigkeit gezwungen werden, in der sie offenkundig nicht aus eigenen Stücken bestimmen können, welche Art der Beziehung sie mit anderen [Männern oder Frauen] haben wollen. Es sind dies Fälle der Einschränkung der Freiheit und Unabhängigkeit.» Der Europarat hatte mit seiner Umschreibung im übrigen nicht nur politische Gewalt vor Augen, sondern er bezog sich damit ausdrücklich auch auf Gewalt in sog. privaten Bereichen, besonders jene zwischen den Geschlechtern. Damit fand auf höchster politischer Ebene Anerkennung, was das Verdienst der neuen Frauenbewegung ist, nämlich: diese Formen von Gewalt wieder öffentlich gemacht zu haben.
In bewusster Eingrenzung des weiten Themenspektrums bilden die Frage nach der Gewalt in den Geschlechterbeziehungen sowie die Frage des Zusammenhangs zwischen Zivilisationsprozess und Gewalt die Hauptachsen dieses Schwerpunktes. Dabei stehen Antwortversuche von Historikerinnen und Historikern im Vordergrund (Gauvard, Dinges, Danker, Rouquet/Voldman). Die Wiederentdeckung und die Erweiterung dieses klassischen Feldes historischer Forschung ist den neueren Strömungen innerhalb der Geschichtswissenschaft zu verdanken, insbesondere der Geschlechtergeschichte, der Psychohistorie, der Alltagsgeschichte und der historischen Anthropologie. Damit rechtfertigt sich auch ein Blick in Nachbarwissenschaften, so in die Soziologie (Godenzi), die Spezielle Pädagogik (Ruchat) und die Psychoanalyse (Lamott), wo gerade auch die historischen Aspekte des Themas interessieren.
Die politische Gewalt, der Krieg, insbesondere jener zwischen Nationalstaaten, war immer schon Gegenstand der Geschichte bzw. der Geschichtswissenschaft, die sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein als Geschichte der hohen Politik und der Diplomatie verstand und die nicht selten auch nationalen, wenn nicht sogar nationalistischen Zielen verbunden war.
Als Befehlsgewalt innerhalb von Herrschaftsverbänden unterschiedlichster Art ist Gewalt ebenfalls ein klassisches Thema der Geschichtswissenschaft. Hier interessier(t)en die politischen und die sozialen Hierarchien innerhalb einer Herrschaftseinheit, sei dies nun ein Gutshof, ein Reich, eine Armee oder eine Nation. Ausmass und Form der Machtteilhabe und die damit verbundenen Formen der Gewaltausübung stehen dabei im Vordergrund.
Ein deutlich geringeres Interesse fand in der Geschichte das Gewaltpotential sozialer und ökonomischer Strukturen, geschweige denn Gewalt als alltägliche soziale Praxis, so etwa die Gewalt zwischen Männern und Frauen. Lange vernachlässigt wurden auch Formen legitimer, expressiver Gewalt, die z.B. im Sport oder in den Schlaghändeln in der Frühen Neuzeit zum Ausdruck kommen. Nicht wenige Formen von Gewalt wurden bisher, wenn überhaupt, eher als anthropologische Konstanten, als biologische Voraussetzungen oder als strikt «private» Angelegenheit betrachtet.
Neuerdings interessieren die historischen Ausprägungen dieser Zusammenhänge. Wichtig werden Fragen nach dem Ort und den Umständen, unter denen Menschen «Gewalt lernen», sowie Fragen nach dem Unterschied zwischen legitimer und illegitimer Gewalt. Ebenso bedeutsam ist im Hinblick auf die Problematik der Gewalt die erneute Diskussion der Unterscheidung von privater und öffentlicher Sphäre. Die übergreifende Perspektive vieler neuerer historischer Beiträge zur Problematik der Gewalt ist die Überzeugung, dass die präzise historische Kontextualisierung von Gewaltformen, Gewaltwahrnehmungen und -erfahrungen Voraussetzung ist für ein adäquateres Verständnis der Gewalt sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit. Ins Blickfeld geraten damit auch blinde Flecken, inhaltliche sowie theoretische Leerstellen und Lücken historisch-soziologischer «Grosstheorien». Ausserdem eröffnen sich neue Perspektiven für die klassische Geschichte der Gewalt. Geschlechtergeschichte und Geschichte der Diplomatie, historische Anthropologie und die Geschichte von Bürgerkriegen haben mehr miteinander zu tun, als viele zunächst vermuten würden.
Alberto Godenzi rückt die Gewaltsamkeit der Geschlechterbeziehungen in einer ihrer verbreitetsten Formen, in der Ehe bzw. in der intimen Präferenzbeziehung, in den Vordergrund und versucht, die «Wirklichkeiten», die in Romanen, Fernsehserien, Werbung und in den Köpfen der meisten Zeitgenoss/inn/en hergestellt werden, mit den «Wirklichkeiten» von Liebes- bzw. Ehebeziehungen zu konfrontieren, wie sie sich in Scheidungsziffern, Befragungen und Prozessen manifestieren. Liebe als Gewalt, Gewalt aus Liebe und ähnliche auf den ersten Blick paradoxe Kombinationen stehen für das Aufbrechen von verfestigten Blickweisen und Vorstellungen über Liebe und Ehe und schaffen so möglicherweise die Voraussetzung dafür, unbefangener und selbstkritischer auf Liebe und Ehe in Gegenwart und Vergangenheit zu schauen.
Franziska Lamott führt uns, ausgehend vom 19. Jahrhundert, zu einem anderen aktuellen Aspekt der Gewalt zwischen den Geschlechtern, nämlich zur Frage des sexuellen Missbrauchs von Kindern, vorwiegend Mädchen, durch Männer. Der Vergleich der Diskurse, die Ende des 19. und Ende des 20. Jahrhunderts die Öffentlichkeit prägen, deckt weitgehende Ähnlichkeiten auf. Im Rückgriff auf die Schriften von Freud zum Thema (und die Geschichte der Auseinandersetzung um Freuds Aussagen) geht sie den Hintergründen dieser Diskurse nach. Ein Ausweg aus den Sackgassen der erregten Diskussionen dürfte, so weist die Autorin überzeugend nach, nur möglich sein, wenn die Positionen beider Seiten differenziert und insbesondere von pauschalen Schuldzuweisungen sowie einseitigen moralischen Bewertungen von Phantasie und Wirklichkeit entlastet werden.
Danièle Voldman und François Rouquet bringen Geschlechtergeschichte und politische Geschichte zusammen und fragen nach den politischen und sozialen Funktionen und Zusammenhängen von Gewalt gegen Frauen während und nach Kriegen im 20. Jahrhundert. Spezifische Formen von Gewalt gegen Frauen als von Männern (und Frauen) inszeniertes Ritual gesellschaftlicher Reinigung und Selbstvergewisserung zeichnen sie am Beispiel der «femmes tondues» nach, jener Französinnen, die nach der Befreiung der Kollaboration verdächtigt oder überführt und geschorenen Hauptes öffentlich vorgeführt wurden. Der historische Vergleich zeigt, dass diese Art von Bestrafung auch von den spanischen Phalangisten praktiziert worden ist. Mit ihrem Plädoyer für eine «lecture sexuée du politique» unterstreichen Voldman und Rouquet die Bedeutung von Geschlecht als historischer Kategorie in exemplarischer Art und Weise.
Das andere Hauptthema des Schwerpunktes, die Frage nach den Zusammenhängen zwischen Zivilisationsprozess und Gewalt steht im Zentrum der Artikel von Claude Gauvard, Martin Dinges und Uwe Danker. Claude Gauvard macht uns darauf aufmerksam, dass von ungeregelter, eruptiver Gewalt als einem generellen Kennzeichen europäischer Gesellschaften im Spätmittelalter nicht die Rede sein kann, ja dass eine spezifische Rationalität bzw. Zivilisiertheit gefasst im Code der Ehre die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn, Bekannten und Verwandten prägte. Besonders deutlich kommt dies zum Ausdruck im gesellschaftlichen wie rechtlichen Umgang mit dem Totschlag als Folge einer Schlägerei. Solche Totschläge erfolgten nicht aus blinder Gewalt heraus, sondern im Rahmen von rituellen Abläufen. Diese Form der Gewalt galt in hohem Mass als legitim, ja sie war im Zentrum der Gesellschaft verankert. Zu dieser Feststellung kommt auch Martin Dinges anhand von Arbeiten zur Frühen Neuzeit. Gewalt fand nicht an den Rändern der Gesellschaft statt und sie ist nicht auf wie auch immer zeitlich eingeordnete frühere Stufen der historisch-gesellschaftlichen Entwicklung beschränkt. Die Geschichte der alltäglichen wie der politischen Gewalt, wie auch der Gewalt zwischen den Geschlechtern, legt die Vermutung nahe, dass die Gewalt mit fortschreitender Zivilisierung und Modernisierung nicht zurückgeht, sondern sich allenfalls verlagert und verwandelt. Uwe Danker widmet sich einem spezifischen, bisher vernachlässigten Aspekt frühneuzeitlicher staatlicher Strafgewalt: der Rolle, die Priester im Inquisitionsprozess, also während der Voruntersuchung, der Folter und bei der Urteilsvollstreckung, spielten. Die Priester lediglich als Erfüllungsgehilfen der frühneuzeitlichen absolutistischen Machthaber zu sehen, würde zu kurz greifen. Ihre Arbeit hing eng zusammen mit der stark religiös geprägten Wahrnehmung von Delikten durch die Zeitgenoss/inn/en, seien es nun Könige oder einfache Leute. Ihr Einsatz diente nicht nur der Abschreckung, sondern auch der Wiederherstellung geordneter sozialer Verhältnisse, des verletzten sozialen Friedens, sowie der Versöhnung mit Gott und der Erreichung des Seelenheils sowohl der Delinquent/inn/en als auch der übrigen Menschen. Dieser spezifische Zusammenhang von Kirche, Religion, Staat und Gesellschaft begann schon während des 18. Jahrhunderts zu schwinden und machte anderen Formen staatlicher Strafgewalt und gesellschaftlicher Versöhnung (Resozialisierung) ohne einen religiösen Bezug Platz. Gleichwohl war die Arbeit der Priester ein wichtiger Schritt im Rahmen der Zentralisierung legitimer Gewalt beim Staat.
Diesen Faden nimmt Martine Ruchat für den Bereich der korrektionellen Massnahmen bei Kindern im 19. Jahrhundert auf. Sie zeigt, wie sich staatliche Disziplinierungsgewalt und Kinderschutz verschränken. Akte symbolischer, konkret sprachlicher Gewalt gehen den verschiedenen Formen von Asylen und Erziehungsheimen zum Teil voraus oder laufen parallel. Staatliche Macht ist auch Definitionsgewalt, nicht selten delegiert an wohltätige Organisationen von besorgten Bürgern und Bürgerinnen. In wissenschaftlichen Arbeiten, an Kongressen, in Gesetzen und Verordnungen, in Ausbildungsinstitutionen wurde der Diskurs über das «enfant vicieux», das lasterhafte, vernachlässigte Kind, begründet, aufrechterhalten und laufend veränderten bzw. als verändert wahrgenommenen sozialen Verhältnissen angepasst. Vor allem Kinder und Eltern der «classes dangereuses» bekamen die harte Hand des Staates bzw. seiner Vertreter/innen in den korrektionellen Institutionen zu spüren. Dies im übrigen in einem Staat bzw. einer Gesellschaft (der Schweiz, konkret den Kantonen Waadt und Genf), die sich zunehmend demokratisierten und modernisierten.
Gewalt ist ein vielschichtiges Phänomen. Wir müssen wohl lernen, dass der Umgang damit in vielerlei Hinsicht nicht so einfach ist, wie es uns häufig scheinen mag. Weder Verharmlosung noch Übertreibung sind angebracht. Es ist zu hoffen, dass dieses Heft nicht nur die Bemühungen der Geschichtswissenschaft dokumentiert, sondern auch einen Beitrag zu Differenzierungen in der Frage der Gewalt leistet.
Albert Schnyder Burghartz
Le thème de la violence est omniprésent. Il est sur toutes les lèvres et aisément perceptible; il préoccupe aussi bien les lecteurs du Blick que les responsables de congrès, les cinéphiles, la direction des chaînes de télévision, les politicienNEs, ou les enseignantEs. Si nous y prenons garde, nous constatons que nous sommes presque quotidiennement concernés par la violence. Ses visages sont multiples: il y a, d¹une part, la violence qui frappe intérieurement notre société, celle qui retient l¹attention du public dans les sociétés dites pleinement développées, par exemple la violence contre les étrangers, contre les jeunes et entre ces derniers, et la violence dans les médias. D¹autre part, il y a la violence qui éclate lors de guerres, de nouveau d¹une actualité brûlante dans les sociétés américaines et européennes, sans pour autant oublier qu¹elle n¹a cessé d¹enflammer notre planète, ici et là, depuis 1945. La question de savoir si, aujourd¹hui, la violence, observée sous toutes ses formes d¹apparition, frappe plus régulièrement notre société ou bien si c¹est notre manière de la percevoir qui a changé demeure ouverte; il va sans dire que de telles discussions se déroulent toujours dans le cadre de rapports de pouvoir.
L¹ampleur et l¹intensité des débats témoignent d¹un sentiment d¹insécurité et de surprise à l¹égard de toutes ces formes de violence. Nombreux furent ceux qui ne purent imaginer que la violence pourrait redevenir un problème majeur dans nos sociétés modernes. Cette conviction reposait sur l¹idée largement répandue que l¹évolution vers une société industrielle, démocratique et pluraliste allait automatiquement de pair avec un recul général de la violence. De concert avec une réalité sociale et politique toujours plus différenciée, la violence physique en particulier reconnue comme la violence par excellence dans les sociétés traditionnelles aurait été refoulée et remplacée par des contraintes intériorisées. Il est certain que la modernisation et le processus de civilisation, tel qu¹il fut défini par Elias pour les sociétés européennes, ont donné naissance à d¹autres formes de violence ainsi qu¹à d¹autres types de relations entre les hommes, ceci en particulier en regard de la forte centralisation, par ailleurs nullement exclusive, de la violence légitime exercée par l¹État. L¹idée que nous assistions cependant à une évolution irréversible, entendez un progrès sans retour vers une société moins violente, s¹est révélée illusoire.
Face à cette situation, les politicienNEs, les scientifiques, les psychiatres, les policiers, les assistantEs sociaux et les juges redoublent leurs efforts pour mieux saisir la nature de la violence. A la pluralité des définitions répondent les objectifs concrets que se sont fixés leurs auteurEs. Sous de nombreux rapports, les juristes considèrent la violence de manière différente que les psychologues. Ces différences résultent des limites fixées au champ d¹étude l¹intérêt se porte souvent sur la violence physique et sur l¹utilisation de la violence dans un contexte politique, autrement dit lors de guerres. D¹une manière générale, les multiples définitions et les nombreuses tentatives pour en marquer ses limites mettent en relief les dommages, les torts, les douleurs et les souffrances inhérents aux diverses formes de violence. A preuve, la définition du Conseil de l¹Europe: «La notion de violence [] se réfère à des situations où [des hommes ou des femmes] sont forcés de nouer une relation, d¹établir des contacts ou d¹entreprendre une activité, sans qu¹ils ne puissent manifestement déterminer quel type de relation ils souhaitent entretenir avec d¹autres [hommes ou femmes]. Il s¹agit de cas où la liberté et l¹indépendance d¹autrui est restreinte.» Il est significatif de relever que la définition du Conseil de l¹Europe ne se réfère pas exclusivement à la violence politique, mais qu¹elle comprend également, de manière explicite, la violence dite privée, celle entre les genres en particulier. On assiste ainsi, au plus haut niveau, à une reconnaissance politique de ces formes de violence; le mérite en revient au nouveau mouvement des femmes qui a de nouveau rendu public ce phénomène.
Il serait hors de notre propos d¹étudier ici tous les aspects de la violence; ce numéro se bornera à interroger, d¹une part, la violence dans les rapports de genres, d¹autre part, le lien entre le processus de civilisation et la violence. Au premier plan figurent les contributions d¹historiens et d¹historiennes (Gauvard, Dinges, Danker, Rouquet et Voldman) qui débattent de ces questions. Sous l¹influence des nouvelles tendances qui animent la science historique notamment l¹histoire des genres, l¹histoire psychologique, l¹histoire de la vie quotidienne et l¹anthropologie historique on assiste à une redécouverte et à un élargissement de ce champ classique de la recherche historique. Il est dès lors intéressant de se tourner vers les sciences voisines, telles que la sociologie (Godenzi), la pédagogie spéciale (Ruchat) et la psychanalyse (Lamott) et de mettre en évidence la dimension historique de ces approches.
La violence politique, notamment à travers les guerres qui ensanglantent les états nationaux, a toujours été un objet d¹étude privilégié des historiens ou de la science historique: jusqu¹en plein 20e siècle, l¹histoire s¹en tenait à la sphère de la grande politique, de la diplomatie et était, de surcroît, souvent investie d¹un discours national, voire nationaliste.
La violence, acte ordonné à l¹intérieur d¹associations de pouvoir de natures différentes, est un thème classique de la science historique. La recherche est dominée par le problème des hiérarchies sociales et politiques à l¹intérieur d¹un seul et même pouvoir que ce soit un domaine, un empire, une armée ou une nation. Elle donne une place importante au degré de participation au pouvoir ainsi qu¹aux divers aspects de l¹usage de la violence.
En revanche, la recherche historique s¹est peu penchée sur la violence inhérente aux structures économiques et sociales et, moins encore, sur la violence comme pratique sociale quotidienne, notamment celle entre les genres. De même, on a longtemps occulté les formes de violence légitime et manifeste qui s¹expriment par exemple dans le sport ou dans les rixes de la période moderne. Jusqu¹à nos jours, on a considéré de nombreux aspects de la violence comme des constantes anthropologiques, des données biologiques ou des affaires strictement «privées».
Depuis peu, les scientifiques s¹intéressent à la dimension historique de ces rapports, interrogeant notamment les lieux et les circonstances dans lesquels les hommes «font l¹apprentissage de la violence» ainsi que la différence entre violence légitime et illégitime. Le débat, de nouveau actuel, sur la distinction entre sphère publique et sphère privée ainsi que ses liens avec la violence jouit également d¹une prééminence affirmée. L¹idée dominante, qui ressort de nombreuses et récentes études historiques sur le problème de la violence, se fonde sur la conviction que seule une analyse précise du contexte historique, dans lequel évoluent les formes, les perceptions et les pratiques de la violence, permet de mieux saisir la violence dans le passé et dans le présent. Les omissions, les insuffisances théoriques et conceptuelles et les lacunes des «grandes théories» historiques et sociologiques sont ainsi mises à jour. De nouvelles perspectives de recherches se dessinent également en ce qui concerne l¹histoire classique de la violence. Entre l¹histoire des genres et l¹histoire diplomatique, l¹anthropologie historique et l¹histoire des guerres civiles, il existe des liens beaucoup plus étroits qu¹on ne l¹avait d¹abord imaginé.
Alberto Godenzi met en évidence la violence qui anime les rapports de genres, et ceci sous sa forme la plus classique, c¹est-à-dire dans le mariage ou dans les rapports intimes préférentiels; par le biais de cette thématique, il met en présence les «réalités» que produisent romans, séries télévisées, publicité et l¹imagination de nombreuses personnes avec les «réalités» vécues dans les relations d¹amour ou de couples, telles qu¹elles s¹expriment dans le nombre de divorces, les enquêtes et les procès. L¹amour en tant que violence, la violence née de l¹amour ainsi que bien d¹autres combinaisons, à première vue paradoxales, nous invitent à rompre avec les images et les représentations habituelles de l¹amour et du mariage et favorisent, autant que l¹on peut, un examen plus libre et autocritique de l¹amour et du mariage hier et aujourd¹hui.
Partant d¹une réflexion sur le 19e siècle, Franziska Lamott interroge un autre aspect actuel de la violence entre les genres, entendez les abus sexuels commis par des hommes sur des enfants, des fillettes en particulier. Une étude comparative des discours qui influèrent sur les esprits, à la fin des 19e et 20e siècles, met en exergue de nombreuses analogies. Sur la base des écrits de Freud relatifs à ce thème (sans oublier l¹historique des débats concernant les déclarations de Freud), l¹auteure analyse les dessous de ces discussions. D¹une manière convaincante, elle démontre que l¹unique moyen de sortir de cette impasse consiste, d¹une part, à mieux différencier les positions de chacun des camps, d¹autre part, à se libérer de tout jugement culpabilisant et de toute appréciation partiale et moralisante concernant la fantaisie et la réalité.
Danièle Voldman et François Rouquet, alliant l¹histoire des genres à l¹histoire politique, interrogent les circonstances ainsi que les fonctions politiques et sociales de la violence dirigée contre les femmes pendant et après les guerres du 20e siècle. On voit surgir des formes particulières de violence contre les femmes, mises en scène par des hommes (et des femmes), dans le cadre de rituels de purification sociale et d¹auto-contrôle. Pour illustrer leur propos, les auteurEs prennent l¹exemple des «femmes tondues», ces françaises qui, après la libération, furent soupçonnées d¹avoir collaboré avec l¹occupant ou d¹avoir commis un crime et furent de ce fait produites en public la tête rasée. Les études d¹histoire comparative démontrent que ces formes particulières de violence furent également pratiquées par les phalangistes espagnols. Dans leur plaidoyer pour une «lecture sexuée du politique», Voldman et Rouquet mettent en évidence ceci de manière exemplaire l¹importance des genres comme catégorie historique.
Les contributions de Claude Gauvard, Martin Dinges et Uwe Danker esquissent pour leur part les problèmes qu¹englobe la discussion sur les rapports entre le processus de civilisation et la violence. Claude Gauvard nous rend attentif sur le fait qu¹il serait erroné de considérer la société de la fin du Moyen Age comme une société où domine la violence éruptive et non réglée, car une rationalité spécifique ou une forme de civilisation exprimée dans les codes d¹honneur régissait les violents conflits entre voisins, connaissances et parents. Ce phénomène se manifeste en particulier dans la manière de traiter socialement et juridiquement l¹homicide causé par les rixes. De tels homicides ne résultaient pas d¹une violence aveugle, mais s¹accomplissaient dans le cadre de pratiques rituelles. Cette forme de violence était considérée dans une large mesure comme légitime, parce que profondément ancrée dans la société. Les travaux de Martin Dinges sur les temps modernes aboutissent aux mêmes conclusions. La violence ne se situait pas en marge de la société et son apparition ne se limitait pas à des phases antérieures du développement historique et social peu importe la manière dont celles-ci sont ordonnées. L¹histoire de la violence quotidienne, qu¹elle soit de nature politique ou qu¹elle oppose les genres, laisse supposer que la violence n¹a pas reculé suite à la modernisation et à un progrès sans retour de la civilisation, mais qu¹elle s¹est tout au plus déplacée et transformée. Uwe Danker éclaire pour sa part un aspect spécifique, jusqu¹à nos jours souvent négligé, du pouvoir répressif de l¹État durant les temps modernes: le rôle joué par les prêtres lors des procès d¹inquisition, autrement dit pendant les instructions préliminaires, les séances de torture et lors de l¹exécution du jugement. Il serait erroné de considérer les prêtres des temps modernes uniquement comme des exécuteurs obéissant à des dirigeants absolutistes. Leurs activités dépendaient étroitement de la vision que se faisaient les gens de l¹époque des délits, vision qui était imprégnée d¹une grande religiosité aussi bien chez le peuple qu¹auprès du roi. Leur action n¹avait pas qu¹une valeur d¹intimidation, mais servait aussi à rétablir la paix sociale violée et les rapports sociaux selon l¹ordre établi, ainsi qu¹à réconcilier le peuple avec le Seigneur et à assurer le salut des âmes aussi bien celles des délinquants que celles de toute la communauté. Au 18e siècle déjà, les liens particuliers entre l¹Église, la religion et l¹état ont commencé à s¹affaiblir, faisant place à d¹autres formes de pouvoir répressif de l¹État ainsi qu¹à d¹autres formes de réconciliations sociales (resocialisation) privées de références religieuses. Il n¹en demeure pas moins que l¹activité des prêtres représenta un pas important vers la centralisation de la violence légitime exercée par l¹État.
Martine Ruchat propose une approche analogue dans son étude sur les mesures correctionnelles infligées aux enfants au 19e siècle. Elle met en relief les liens entre le pouvoir disciplinaire étatique et l¹assistance aux enfants. Les actes symboliques, la violence verbale annoncent en partie les différentes formes d¹asile et les maisons d¹éducation ou se développent en même temps que celles-ci. Le pouvoir étatique exprime également une forme de violence qui est souvent déléguée à des organisations de bienfaisance dirigées par des hommes et des femmes de la bourgeoisie. Sous la pression des travaux scientifiques, des congrès, des lois, des ordonnances et des établissements d¹éducation, les discours sur l¹«enfant vicieux», l¹enfant débauché et abandonné se voient justifiés, renforcés et constamment adaptés aux rapports sociaux qui changent ou qui sont perçus en mutation. Ce sont surtout les enfants et les parents des «classes dangereuses» qui furent soumis à la contrainte de l¹État ou à celle de ses représentantEs dans les institutions correctionnelles. Ce phénomène advint au demeurant dans un État (la Suisse, par exemple dans les cantons de Vaud et de Genève) qui se démocratisa et se modernisa toujours plus vite tant au niveau économique que social.
La violence est un phénomène qui revêt de multiples aspects. Nous devons probablement admettre que son traitement n¹est pas aussi aisé qu¹il n¹y paraît à première vue. Fait important, il ne s¹agit ni de minimiser ni d¹amplifier ce phénomène. Pour conclure, nous espérons que ce dossier thématique permette de mesurer les efforts de la réflexion historique et de mieux saisir le problème de la différenciation de la violence.
Albert Schnyder Burghartz
(Traduction: Chantal Lafontant)
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