Erst rund 80 Jahre nach dem Ende des Ancien Régime wurden Jüdinnen und Juden, die bis anhin als eine mit stark diskriminierendem Sonderrecht belastete Minorität in der Eidgenossenschaft lebten, zu gleichberechtigten Schweizer Bürgerinnen und Bürgern. Dieses Buch zeichnet erstmals diese Emanzipationsgeschichte nach – mit all ihren Umwegen, Rückschlägen und Durchbrüchen. Obwohl sich die bürgerliche Bewegung der Aufklärung Emanzipation und Rechtsgleichheit aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf die Fahnen geschrieben hatte, brachten weder die Helvetische Republik von 1798 noch die Bundesstaatsgründung von 1848 die rechtliche Gleichstellung der jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz. Es herrschte noch bis weit über die Mitte des 19. Jahrhunderts ein dichtes Geflecht von zivil-, handels- und niederlassungsrechtlicher Diskriminierung. Warum war das so?
Diese Untersuchung analysiert die herrschenden Mechanismen von bürgerlicher In- und Exklusion. Sie beleuchtet die Rollen, die alte und neue antijüdische Stereotype in der Emanzipationsgeschichte spielten, zeigt die Gestaltungsmöglichkeiten von christlichen und jüdischen Akteurinnen und Akteuren auf und beschreibt sowohl inländische wie auch ausländische Interessenkonstellationen, die den Weg zur jüdischen Gleichberechtigung prägten.
Der Fokus liegt dabei auf der Bedeutung des damals dominierenden politischen Liberalismus und auf dessen Forderung an die jüdische Bevölkerung, sich vor der Gleichberechtigung in moralischer, kultureller und religiöser Hinsicht zu «verbessern», um sich des Schweizer Bürgerrechts «würdig» zu erweisen.