Die Rhetorik der Gewohnheit

Zur Habitualisierung des Wissens in der Vormoderne

Mediävistische Perspektiven, Band 12
Broschur
2021. 132 Seiten
ISBN 978-3-0340-1647-6
CHF 15.00 / EUR 15.00 
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Der alte Streit zwischen Philosophie und Rhetorik über die Möglichkeiten rationaler Selbstbestimmung ist alles andere als entschieden. Gewohnheit und Konventionen, die klassischen Opponenten der Vernunft, spielen in der Ökonomie menschlichen Handelns und Wissens keinesfalls nur eine negative Rolle. Vielmehr stehen sie für einen Geltungsanspruch ein, der Identität, auch soziale, nicht über Natur und Verstand, sondern über gewachsene Orientierung in der Zeit, über Geschichte, definiert. Memoria und actio, die beiden oft vernachlässigten Aufgaben des Redners, verweisen auf die performative Dimension, die Wissen über ein habitualisiertes Gedächtnis, über Wiederholung, dem Körper einschreibt. Solches Wissen kann nicht gelehrt, sondern nur geübt werden und ist noch Grundlage des kulturellen Gedächtnisses. Ausgehend von der antiken Rhetorik wird das breite Funktionsspektrum der Gewohnheit und seine Leistung für die Modellierbarkeit des Menschen am Beispiel der mittelalterlichen Monastik und Adelserziehung bis hin zur frühneuzeitlichen Schwankliteratur verfolgt. Im Fokus stehen nicht nur Formen des Handelns, sondern auch des Wissens, wie sie die Topik traditionell verwaltet und die im Rahmen einer «Epistemologie des Exemplarischen» neue Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.

Professor für ältere deutsche Sprache und Literatur an der Universität zu Köln. Veröffentlichungen zu Ordnungen des Wissens in der frühen Neuzeit, zur Kultursemiotik des Mittelalters und zur Funktion der Topik im mittelalterlichen Erzählen.

Pressestimmen

«Der Band verfährt selbst nicht streng systematisch, sondern rhetorisch-exemplarisch (vgl. 37). Bereits die Einleitung ist in dieser Hinsicht ein Kabinettstück: Die dreifache Wiederholung der Mäuseprobe findet ihre formale Entsprechung darin, dass Friedrich mit drei Exempeln in sein Thema einführt (11, 12f. und 15f.). Der Nachvollzug von Friedrichs dichtem Gedankengang ist nicht nur höchst anregend und lehrreich, sondern vermittelt zugleich performativ die Topiken seiner Gegenstände. Der Band bietet insofern auch eine glänzende Einführung in vormoderne rhetorische Textpraktiken. Vor allem aber stellt er mit der Rhetorik der Gewohnheit ein für die Vormoderneforschung einschlägiges Thema ins Zentrum, das, anders als die vielfach noch kursierenden Vorurteile wollen, gerade nicht gegen Konzepte wie Innovativität oder Kreativität ausgespielt werden kann[.]»

Jan Stellmann, Monatshefte 116/4 (2024)

Die Schriftenreihe repräsentiert die Breite der mediävistischen Forschung an der Universität Zürich und darüber hinaus.