Die Werbung hatte schon immer einen etwas schlechten Ruf: Die ersten Emailleplaketten, die für Schokolade warben, wurden als «Reklamepest» verschrien, in den Dreissigerjahren beklagten sich Schweizer Werber über berufsbedingt verminderte Heiratschancen. Und als es in den Nachkriegsjahren wirtschaftlich aufwärtsging, handelten sie sich den Ruf ein, hemmungslose Manipulatoren zu sein. Die Darstellung des Werbers als schillernder Playboy wurde erst im Umfeld von Protest und Popart in den Sechzigerjahren denkbar.
Gleichzeitig galt der Konsument lange als schwaches, beeinflussbares Objekt. Er wurde erst in den folgenden Jahrzehnten zunehmend als kritisches Gegenüber wahrgenommen, das den Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit endlich gefunden hat – durch die Drehtür des Supermarkts.
Das Buch schildert den Kampf der Schweizer Werbebranche um ihren Ruf und erzählt anhand des Wandels des ungleichen Figurenpaars Werber – Konsument eine Geschichte der Konsumgesellschaft der Schweiz im 20. Jahrhundert.
«Mit seiner soeben zum Buch gewordenen Dissertation liefert der Historiker David Eugster zum ersten Mal seit Markus Kutter (‹Abschied von der Werbung›, 1976) so etwas wie eine Querschnitt-Geschichte der Schweizer Werbebranche. [...] Eugster legt die Schwerpunkte auf den jahrelangen Kampf der Branche um ihre Reputation, auf die vorgebliche Manipulation der Konsumenten und deren Gegenwehr und auf die Industrialisierung der Marketingkommunikation in den Zeiten der Hochkonjunktur. [...] Der Historiker David Eugster hat sich mit diesem bemerkenswerten Buch als gut informierter und schreibender ‹Reiseführer› präsentiert. Er hätte einen grossen Preis der Schweizer Werber verdient.»
«Im kontroversen Verhältnis zwischen Werbern und Konsumenten entstanden die Fragen, die uns auch im Zeitalter der personalisierten Werbung und der politischen Einflussnahme beschäftigen: Wo beginnt die Manipulation? Und gibt es je ein autonomes Menschsein?»
«Seine aus einer Dissertation an der Universität Zürich hervorgegangene Studie rückt Werbung als Veranstaltung in den Blick, die von betriebswirtschaftlichen Rationalisierungen des Warenabsatzes dezentriert bleibt, und verläuft über eine spezifische Forschungsprämisse: Werber/innen und Konsument/innen - nicht Hersteller/innen und Verbraucher/innen oder Anbieter/innen und Abnehmer/innen - bilden das entscheidende ‹Kommunikationspaar›. [...] Dementsprechend bilden die zentrale Quellenbasis Zeugnisse aus der Werbebranche - Branchenpublikationen (‹Der Kaufmann›, ‹Schweizer Reklame›, ‹Die Idee›, ‹Werbewoche›), Firmenarchive sowie Gespräche mit Zeitzeugen. Auf dieser Grundlage wird eine Diskurs- und Kulturgeschichte der Werbung in der Deutschschweiz von der Zwischenkriegszeit bis in die 1980er-Jahre entwickelt, die wesentlich über den schweizerischen Kontext hinausreicht und ihre Brisanz vor allem in der Nachkriegszeit entfaltet. [...] Eugsters Befunde bieten Aufschluss über die Grundfrage nach dem Eigenwert von Kommunikation und nach den Diskursen, welche die entsprechenden Veranstaltungen prägen. Wie er zeigen kann, lösen sich in den Selbstthematisierungen der Werber im Verlauf des 20. Jahrhunderts eine Reihe ebensolcher Diskurse auf komplexe Weise ab. Dies mit hohem empirischen Auflösungsvermögen offenzulegen - darin liegt die grosse Leistung der Untersuchung.»
Vollständige Rezension
«L’auteur analyse avec finesse la manière dont la figure du publicitaire a progressive- ment été construite. La force de l’ouvrage réside dans sa capacité à agréger un grand nombre de sources et à mener une analyse détaillée des stratégies communicationnelles des publicitaires. Il fait aussi, et peut-être surtout, émerger un pan entier du «miracle éco- nomique» des Trente Glorieuses, dont David Eugster veille à nuancer le récit mythifié grâce à une série d’entretiens menés avec des acteurs de la branche.»