Der mittelhochdeutsche Prosa-Lancelot gehört nicht nur zu den eindrücklichsten Zeugnissen mittelalterlicher Dichtkunst, sondern auch zu den eigentümlichsten: Im 13. Jahrhundert in Frankreich entstanden, verquickt der gigantische Romanzyklus arthurisches Rittertum, Gralswelt und christliche Heilsgeschichte. Daniel Waldmeier geht unter Einbezug der altfranzösischen Tradition der Frage nach, wie weit das Prinzip einer geistlichen Umcodierung ritterlicher Erzählwelt trägt. Dabei werden neue Wege beschritten: Die Erkundung des Spannungsfeldes von Weltlichem und Geistlichem geschieht unter mediologischen Gesichtspunkten. Ins Zentrum rücken spektakuläre Schriftszenarien und Quellenfiktionen, aber auch in der Erzählwelt erscheinende Objekte, Vermittlerfiguren, Bilder oder transzendente Stimmen. Denn Mediales tritt in dem monumentalen Erzählexperiment vor allem dort an die Oberfläche, wo unterschiedliche Semantiken in prekärer Weise aufeinanderprallen.
Diese Buchreihe vereinigt Studien des gleichnamigen Nationalen Forschungsschwerpunkts sowie mediengeschichtliche Arbeiten. Sie rückt die Zeit vor der Ausbreitung der Massenmedien und insbesondere die medialen Verhältnisse der Vormoderne ins Zentrum. Damit ermöglicht sie Einblicke in die Andersartigkeit älterer Kommunikationsformen und erlaubt es gleichzeitig, Voraussetzungen für die mediale Formierung der Neuzeit zu ergründen.
«Die Diss. (2015) aus dem Züricher NFS ‹Mediality› setzt noch einmal neu beim Grundproblem der Prosa-Lancelot-Forschung an: den Spannungen zwischen weltlicher und geistlicher Normorientierung. Sie werden als Voraussetzung einer narrativen Entfaltung komplexer ‹medialer Dynamiken› verstanden, wobei unter Medialität neben Sachverhalten der zeichenhaften Repräsentation und kommunikativen Mitteilung auch ‹Mediationen› durch Dinge und Figuren gefasst werden (23). Die Studie bietet unter dieser Maßgabe eine Reihe ertragreicher Analysen ausgewählter Abschnitte der deutschen Lancelot-Trilogie, ergänzt um Blicke auf den frz. Prätext und einzelne Passagen der zyklischen Erweiterungen (Estoire de Merlin, Estoire del Saint Graal).»