Vereinsamt stirbt Felix Hemmerli in Klosterhaft bei Franziskanern in Luzern. Für den Sohn einer wohlhabenden Zürcher Bürgerfamilie, Doktor der namhaften Universität Bologna und einstigen Inhaber wichtiger Kirchenämter überrascht ein derartiges Ende.
Hemmerlis Leben (1388–1458) fällt jedoch in eine unruhige Epoche, die durch die Konzile von Konstanz und Basel sowie den Alten Zürichkrieg geprägt ist – Ereignisse, die ihn zur Feder greifen lassen. Mit kritischen Schriften schafft sich Hemmerli erste Feinde am Grossmünster in Zürich; knapp entgeht er einem Mordversuch. Unbeirrt publiziert er weiter, polemisiert und polarisiert. Im Werk über den Adel lobt er diesen als rechtmässige Elite der Gesellschaft, während er die Eidgenossen zutiefst beleidigt. Als unbequemer Zeitgenosse wird Hemmerli deshalb in lebenslangen Gewahrsam genommen.
Die vorliegende Biografie arbeitet das weit verstreute Archivmaterial auf und beleuchtet Hemmerlis personelle Bindungen wie auch allgemeine kirchliche und politische Debatten jener Zeit. Der zweite Teil des Buches bietet mit Ausschnitten aus Hemmerlis Schriften einen unmittelbaren Einblick in sein spannendes Werk.
Felix – wer? Ein Vorwort
Dank
Einleitung
Teil I
Felix Hemmerli: Lebensgeschichte
1 Der gelehrte Gefangene – letzte Lebensjahre
- Überraschende Verhaftung
- Soziale Netzwerke
- Nicht dokumentiertes Gerichtsverfahren
- Lebenslange Verwahrung
2 Der ehrgeizige Akademiker – universale Gelehrtenkultur
- Familienbande und erste Schuljahre
- Studienzeit in Erfurt
- Hemmerlis Lernbuch
- Jurist in der Praxis
- Doktorat in Bologna
3 Der pflichtbewusste Kanoniker – Solothurn, das Basler Konzil und erste Schriften
- Propst an St. Ursus in Solothurn
- In den Fussstapfen Konrads von Mure
- Im Dienst der Gesamtkirche
-Im Visier der Chorherren
4 Der engagierte Adelsfreund – Herrschaftsideal und Alter Zürichkrieg
- Kontakte zu Führungskreisen
- Das Adelskloster Einsiedeln
- Die Zürcher Adelspartei im Alten Zürichkrieg
- Hemmerlis Adelsbuch
5 Der vielseitige Autor – Schriften zwischen Polemik und Pragmatik
- Polemik am Grossmünster
- Hemmerlis Bädertraktat
- Kirchenpolitische Stellungnahmen
- Pragmatik im Kirchenrecht
Nachwort
Teil II
Felix Hemmerli: Ausgewählte Texte
Einleitung
1 Kritik an den Chorherren am Grossmünster:
Gegen diejenigen, welche den Gottesdienst vernachlässigen
2 Dem Adel gehört die rechtmässige Herrschaft:
Dialog über den Adel und das Bauerntum (Auszüge)
3 Beleidigung eines Chorherrn:
Wortlaut eines Doktordiploms in Dummheit
4 Kollateralschaden des Alten Zürichkriegs:
Über das Transportieren von Trottbäumen an Feiertagen
5 Pragmatismus in Glaubensfragen:
Über das Segnen des Wetters mit dem Sakrament
6 Stellungnahme zur Kirchenpolitik:
Entwurf einer Appellation dagegen, dass ein Kardinal in
Deutschland einen Bischofssitz übernehmen sollte
7 Hemmerlis Rückblick auf seine Verhaftung und Verurteilung:
Klageregister
Bildteil
Kurzbiografie
Werkübersicht
Abkürzungen
Bibliografie
«Das anzuzeigende Buch nähert sich dem streitbaren Zürcher Gelehrten und dessen Werk in zwei Schritten. Im ersten Teil stellt Colette Halter-Pernet seine Lebensgeschichte in fünf Kapiteln dar, im zweiten Teil werden sieben ausgewählte Texte aus Hemmerlis Werk in der lateinischen Fassung und in deutscher Übersetzung geboten. [...] Die Kapitel sind sinnvoll gegliedert und anregend zu lesen; [...] Die Kapitel des ersten Teils eröffnen die Zusammenhänge und interpretieren auf gelungene Weise die an sich oft schwer verständlichen, mit Gelehrsamkeit überladenen Traktate Hemmerlis. [...] Das neue Buch über Hemmerli [ist] sehr zu loben und dessen Lektüre zu empfehlen. Es eröffnet als Einführung, als Lese- und Studienbuch auch für weitere Kreise einen neuen Zugang zum Zürcher Gelehrten und seinem Werk.»
«Eine sehr verdienstvolle Arbeit, weil die Gedankenfolgen und Argumentationsgänge des [Zürcher Chorherrn Felix Hemmerli] ‹bisweilen recht verschachtelt und kompliziert› (S. 201) und manchmal auch unvollständig sind. Die Auswahl spiegelt den weiten Themenfächer des Zürcher Gelehrten, vor dessen spitzer Feder niemand sicher sein konnte. […] Alles in allem eine gute, ja gar spannend zu lesende Biographie mit wertvollem Quellenteil.»
«In dieser Rezension kann nicht annährend auf die Breite von Hemmerlis Schaffen eingegangen werden, das ausgesprochen zeitgeschichtlich geprägt ist, das aber auch thematische Ausreißer enthält wie etwa sein Bädertraktat [...], mit dem er nördlich der Alpen Neuland betrat. Wer sich für diesen begnadeten spätmittelalterlichen Polemiker interessiert, dessen Leben eng mit den bewegten Zeitumständen – die Reformkonzile, die durch den Alten Zürichkrieg hervorgerufene politische Krise der Eidgenossenschaft – verzahnt ist, wird Colette Halter-Pernets Hemmerli-Biographie mit Gewinn lesen.»