Eine Welt im Datenrausch

Computeranlagen und Datenmengen als gesellschaftliche Herausforderung in der Bundesrepublik Deutschland (1965–1975)

Zürcher Beiträge zur Alltagskultur, Band 22
Broschur
2016. 180 Seiten, 11 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-1274-4
CHF 38.00 / EUR 34.00 
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Wie beeinflusste das Aufkommen der kommerziellen Computertechnik in Verwaltungen und Unternehmen in den 1960er und 1970er Jahren das gesellschaftliche Verhältnis zu Personendaten? Während dieser Zeit veränderten sich nicht nur Anwendungsbereiche und Arbeitspraxis der Datenverarbeitung grundlegend. Auch Fragen von Macht und Kontrolle insbesondere über Personendaten wurden erstmals auf breiter Ebene problematisiert, politisiert und erforscht. Das Buch zeichnet anhand der frühen Computerisierungsphase in der Bundesrepublik Deutschland nach, wie der Umgang mit diesen Daten zu einem gesellschaftlichen Thema wurde, das in neuer Fülle die kritische Aufmerksamkeit von Verwaltungsfachleuten, Schriftstellern, Soziologen, Politik- und Rechtswissenschaftlern, auf politischer Ebene und in internationalen Organisationen auf sich zog.

ist Postdoc am Institut für Sozial­anthropologie und Empirische Kulturwissenschaft der Universität Zürich.

Inhalt

Einleitung Prolog: Eine Welt im Datenrausch
Fragestellung
Forschungsprogramm und -ziele
Anlage der Arbeit
Forschungsstand
Daten als kulturelles Phänomen: Sechs Forschungsperspektiven
- Vielseitige Handlungsobjekte: Die soziale Dimension der Daten
- Datenbegriff – Tendenz zur rhetorischen Verselbstständigung als moderne Eigenschaft
- Daten als systemische Ressource
- Materielle und mediale Formationen von Daten
- Daten als moralisches Objekt
- Daten als Akteure: Die Actor-Network-Theory
Quellenmaterial und -kritik

Datenfabriken Auftakt: Vier IBM-360-Systeme
Die Verwaltungsautomation als staatliche Aufgabe
Erste (lokale) Schritte: Gemeinschaftliche Grossanlagen als kommunales Vorzeigemodell
Landesweite Automationslösungen: Die Synchronisation der Datenverwaltung
Ein hochtechnisches Universum in der Verwaltung: Daten- und Rechenzentren
Auf Massendatenverarbeitung programmiert
Die Furcht vor der Datenkonzentration oder: Die Macht der Datenmengen

Die Verschaltung der Daten Die Bedenken vor dem «Vereinen von Wissen»
Vernetzung als (Er-)Lösung in der Landesverwaltung
Administrativer Datenaustausch in neuem Ausmass
Weltweite Netze
In realer Reichweite: Anschluss der «privaten Öffentlichkeit»
(Gescheiterte) Vernetzungsvisionen: Das «Informationsbankensystem»
(Un)kontrollierbare Datenbewegungen?

Der globale Datenhandel im Ausbau Personendaten als kommerzielle Ware
«Daten über annähernd hundert Millionen Amerikaner»
Bis ins kleinste Detail
Ein Datenmarkt ausser Kontrolle
Alltägliche Invasionen
Die grossen Datensammler im Privatsektor

Menschliche Anschlussstellen Personendaten im gesellschaftlichen Fokus
Warnende Stimmen aus Übersee: Datenüberwachung als gesellschaftliche Bedrohung
Gewaltige Speicherpotenziale
Wachsendes Forschungsinteresse: Die Nutzung, Verteilung und Zusammenstellung von (Personen-)Daten und Dossiers
Unter kritischer Beobachtung: Das individuelle Datenverhalten
Öffentliche Aufklärungsprogramme: Kollektives Lernen über die Macht von Datenidentitäten und -spuren
Eine neue gesellschaftliche Erfahrung: Daten ausser Kontrolle

Schlusswort

Quellen und Literatur


Pressestimmen

«Spannend an dem Band ist die Einsicht, dass Fragen nach dem Datenschutz und der Privatheit personenbezogener Daten bereits in den 1960er‑Jahren aufgekommen sind – und bis heute, in einer Zeit, in der Daten nicht mehr staatlich erfasst, sondern – siehe Facebook – freiwillig zusammengetragen und öffentlich präsentiert werden, nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben, eher im Gegenteil.»
Matthias Lemke, Portal für Politikwissenschaft


«Insgesamt überzeugt Fleischhack mit einem lesenswerten und gut lesbaren Buch. [...] Was an Fleischhacks Studie begeistert, sind die ‹Anschlussstellen› an aktuelle Debatten.»
Katrin Amelang, Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde

In dieser Publikationsreihe des Instituts für Populäre Kulturen der Universität Zürich stehen Dissertationen im Vordergrund. Die Beiträge sind einem alltagskulturellen Zugang verpflichtet und umfassen historische und gegenwartsbezogene Probleme, Ethnografien von ländlichen und urbanen Lebenswelten, theoretische Diskussionen sowie Analysen konkreter Objekt- und Symbolkulturen.