Pharmaforschung im 20. Jahrhundert
Arbeit an der Grenze zwischen Hochschule und Industrie
Interferenzen – Studien zur Kulturgeschichte der Technik, Band 17
2011. 224 Seiten, 18 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-1070-2
CHF 38.00 / EUR 28.00 
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Seit ihrer Entstehung im späten 19. Jahrhundert ist die schweizerische Pharmaindustrie auf akademisch ausgebildete Fachkräfte und universitäre Forschungsresultate angewiesen. Die Universitäten ihrerseits profitierten schon früh von industriellen Dienstleistungen und Geldspenden. Der Autor zeichnet die über hundertjährige Gratwanderung der Pharmaforschung zwischen Hochschule und Industrie nach und leistet damit einen Beitrag zur Erklärung der Wissensproduktion im 20. Jahrhundert, der auch für das Verständnis der heutigen Situation von Bedeutung ist.
Absprachen über Studienpläne und die Besetzung vakanter Lehrstühle, industriefinanzierte Hochschullabore oder das Streben von Industrieforschern nach akademischer Anerkennung werden praxisnah beschrieben und gesellschaftsgeschichtlich interpretiert. Die Verbindung von mikrohistorischer Zugangsweise und Langzeitperspektive öffnet den Blick für eine nachhaltige Veränderung in den Kooperationspraktiken von Hochschule und Pharmaindustrie. Anfänglich war die Zusammenarbeit von historisch gewachsenen Gemeinsamkeiten geprägt. Insbesondere in der Chemie stimmten Ziele und Vorgehensweisen der industriellen und akademischen Forschung weitgehend überein. Dies änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Pharmaunternehmen in den biologischen Wissenschaften neue Ansprechpartner suchten. Nun erlangten Grenzziehungen zwischen akademischer und industrieller Forschung, zwischen «Grundlagenforschung» und «Zweckforschung», mithin also die Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Teilbereiche Wissenschaft und Wirtschaft, eine bisher ungekannte Orientierungsfunktion, die den Handlungsspielraum aller beteiligten Akteure grundlegend veränderte.

Michael Bürgi hat nach Forschungsaufenthalten an der Universität Genf und der ETH Zürich an der Universität Basel in Geschichte promoviert. Zurzeit arbeitet er als Projektleiter bei ETH Sustainability, der Koordinationsstelle für Nachhaltigkeit der ETH Zürich.

Inhalt
Einleitung

1 Bildungsinterventionen
1.1 Forschungsinfrastrukturen in der Industrie
1.2 Bildungspolitische Aushandlungsprozesse

2 Forschungskooperationen
2.1 Das Labor
2.2 Die Stoffe
2.3 Die Hochschule

3 Entgrenzungsstrategien
3.1 Die Akademisierung der Industrieforschung
3.2 Der neue scientist-entrepreneur

4 Arbeit an der Grenze zwischen Hochschule und Industrie

Zusammenfassung

Pressestimmen
«Bürgis Studie zeichnet sich durch klare inhaltliche Schwerpunktsetzungen sowie durch eine sprachliche, unprätentiöse Argumentationsführung aus. Auch der Wechsel zwischen exemplarischer Analyse und der Darstellung übergeordneter, längerfristiger Entwicklungen wird stets nachvollziehbar gestaltet.» Hans-Georg Hofer, NTM

«Insgesamt biete das vorliegende Werk einen guten Überblick über das Verhältnis von Hochschul- und Industrieforschung in der Schweiz.» Christoph Friedrich, Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

Die in dieser Reihe erscheinenden Studien untersuchen technische und wissenschaftliche Entwicklungen in der Neuzeit. Sie fragen nach dem historischen Entstehungskontext und gehen der Frage nach, inwiefern verschiedene soziale Gruppen diese technischen Entwicklungen als Möglichkeit sozialen Wandels wahrgenommen, ausgehandelt und bisweilen genutzt oder vergessen haben. Der Ansatz erlaubt es, Innovationen als technisch und gesellschaftlich voraussetzungsreiche Prozesse zu verstehen und zu erklären.