Das 15. Jahrhundert ist eine mediale Umbruchsituation – neue Vervielfältigungsmöglichkeiten für Text und Bild wie Kupferstich, Holzschnitt, Metallschnitt und Typendruck bieten neue Möglichkeiten der Distribution und Kommunikation. Neue Werkformen erweitern das Überlieferungsspektrum der literarischen Kultur.
Im Zentrum der Untersuchung stehen Bilder, deren konstitutiver Bestandteil Texte sind und die zudem in einer spezifischen vervielfältigten Form (im Holz- oder Metallschnitt) existieren: als Einblattdruck unterschiedlichen Formats, verwendbar im Bereich praktizierter Frömmigkeit und Andacht, zur Übermittlung von Informationen. Diese Text-Bilder stellen eine neue Werkform von Literatur dar: dem Mittelalter meist gut bekannte Bildthemen werden oft erstmalig mit lateinischen oder volkssprachigen Kleintexten kombiniert und publiziert. Die neuen Bilder werden nach ihrer spezifischen Medialität befragt sowie auf ihre materialen Eigenheiten hin überprüft, die oftmals den litteraten Benutzer erweisen. Dieser integriert die neuen Medien bisweilen ideenreich in den bewährten Überlieferungsträger Handschrift.
Um die Text-Bilder als Elemente einer literarischen Kultur sichtbar zu machen, müssen verschiedene Kontexte eröffnet und erläutert werden. Die Kleinformen der literarischen und frömmigkeitsgeschichtlichen Überlieferung sind in einer kulturellen Landschaft zu verorten. Bild-, Text- und Buchgeschichten sind damit gleichermaßen Thema der vorliegenden Untersuchung.
Einleitung
Frömmigkeit, Didaxe und pragmatische Schriftlichkeit: Die Themenfelder der Drucke
- Die Themen der Text-Bilder
- Aggregatformen und Dispositive
- ‹Nicht-Themen›: Was nicht thematisiert wird
- Die Sprachen der Drucke
- Abgrenzungen: vom typographischen Einblattdruck, vom Flugblatt und von der Graphik des 16. Jahrhunderts
Medialität – Abbreviatur und Kommunikation
- Die Verankerung im kulturellen Kontext: Bezugssysteme
- Die Leistung als Kommunikationsmedium: Die Sprachfähigkeit der Bilder
Materialität – Interpretierbarkeit eines Mediums
- Gebrauchs- und Überlieferungsformen
- Die Macht der Text-Bilder
- Gallus Kemli in Zürich – Spuren apotropäischen Schrifttums in der Handschrift Zürich, ZB, Ms. C 101
Ergebnisse
Diese Buchreihe vereinigt Studien des gleichnamigen Nationalen Forschungsschwerpunkts sowie mediengeschichtliche Arbeiten. Sie rückt die Zeit vor der Ausbreitung der Massenmedien und insbesondere die medialen Verhältnisse der Vormoderne ins Zentrum. Damit ermöglicht sie Einblicke in die Andersartigkeit älterer Kommunikationsformen und erlaubt es gleichzeitig, Voraussetzungen für die mediale Formierung der Neuzeit zu ergründen.
«Das aus einer Zürcher Habilitationsschrift hervorgegangene Buch leistet mit exemplarischen Untersuchungen zu den insgesamt rund 800 Einblatt-Holz- und -Metallschnitten […] einen wichtigen Beitrag zur Kulturgeschichte des 15. Jahrhunderts.»
Niklas Holzberg, Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur (ZfdA)
«A richly detailed exploration – indeed a magnum opus. […] The book engages with various disciplines and will prove helpful to those studying the history of the book, medieval piety, art history, and media studies, to name just a few. […]
Underlying Griese's work is meticulous attention to detail and an extensive familiarity with the religious contexts of the fifteenth century, literary, historical, and iconographic. But the book's clear structure and abundant apparatus invite a reader to focus on particular sections, allowing the book to serve as a reference work as well as an exceptional monograph.»
Alison Beringer, Journal of English and Germanic Philology
«Die Darstellung, so sehr sie einem aktuellen Mediendiskurs zuarbeitet, prägt kein verschliffener Fachjargon, auch nicht in den als akademische Pflicht erkennbaren, aber eingängigen Einleitungs- und Ergebnisteilen. […] Es ist ein grosses Verdienst der Studie, in originären Tiefeninspektionen und Ergänzungsanalysen zu material- und themenverwandten (Vor-)Arbeiten die Holz- und Metallschnitte als Abbreviaturen einer kulturellen Semantik, Verständigungspraxis und Kulturlandschaft präzise examiniert und evaluiert zu haben.»
Jörn Münkner, Monatshefte für deutschsprachige Literatur und Kultur
«Der umfangreiche Anhang bietet Textauszüge, mehrere Register und fast 80 z.T. farbige Abbildungen. Die Lektüre des Buchs steigert den Wunsch nach baldiger Publikation seiner Materialbasis, des ‹Repetitoriums›.»
Frieder Schanze, Germanistik