Der Eidophor
Ein Grossbildprojektionssystem zwischen Kino und Fernsehen 1939–1999
Interferenzen – Studien zur Kulturgeschichte der Technik, Band 15
Broschur
2009. 416 Seiten, 78 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0988-1
CHF 58.00 / EUR 37.50 
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Public-Viewing mithilfe von Beamern oder Grossbild-Displays ist uns heute allen vertraut. Am Ursprung dieser Auswahl steht der Eidophor. Der Eidophor war ein Fernseh- Projektionsverfahren aus der Schweiz, dessen zeitliche Eckdaten von der Patentierung (1939) über die Produktionsreife (1959) bis zur Produktionseinstellung (Ende der 1990er Jahre) reichen.
Der Eidophor (griech. für Bildträger) vermochte Fernsehbilder in der Dimension eines Kinobildes wiederzugeben. Zudem übertrug er Livebilder bereits in Farbe, als die Heim-Fernsehgeräte vornehmlich in Schwarz-Weiss sendeten. Damit bewegte sich dieses Gerät funktional an der Schnittstelle von Kino und Fernsehen.
Die vorliegende Studie macht verständlich, wieso Fernsehen in der Regel zu Hause und nicht im Kino geschaut wird. Ansprüche der Kinoindustrie und des Fernseh-Rundfunks drängten den Eidophor in Funktionsnischen im Bereich des Sports, der Wissenschaft, der Politik, der Industrie und der Kunst, wo er pionierhaft den Weg für Standardanwendungen vorspurte.
Inhalt
Einleitung

1. Entstehungskontext einer Idee und deren Umsetzung
1.1 Erfindung und Erfinder: Motivation und Rückhalt
1.2 Audiovisuelles Bezugsfeld
1.3 AFIF-Grossprojektion: Nutzungsperspektiven
1.4 Konzeptionelle Unterschiede zu alternativen Grossbildverfahren
1.5 Erster Prototyp: Prinzip bewiesen, Ziel verfehlt – Optimisten und ihre Überzeugungen
1.6 Gezielte Informationsaktivitäten

2. Kinofernsehen als Nutzungsperspektive
2.1 Zweiter Prototyp: funktionale Ansprüche und institutionelle Veränderungen
2.2 Fernsehen: zu Hause und im Kino – England und USA als Trendsetter
2.3 Die technisch-materielle Seite: verwendbare Grossbildprojektionssysteme
2.4 Zweiter Prototyp: Vorführung und Verwertungshoffnungen
2.5 In die Privatindustrie und in die USA

3. Scheitern der Nutzungsperspektive Kinofernsehen
3.1 Der Rundfunk in den USA und in England: Finanzierungshintergrund
3.2 ‹Public service›: ein konträres Argument
3.3 Frequenzvergabe als Knackpunkt
3.4 Verzögerungsmomente
3.5 Alternativen
3.6 Im Zugzwang: programmatische Sturheiten und technologische Neuorientierungen

4. In der Öffentlichkeit: Klein- und Grossbildfernsehen in der Schweiz
4.1 Öffentliches Fernsehen: vom Widerstand zur Bewilligung
4.2 Öffentliche Fernsehgrossbildprojektion: Rivalitäten und Ansprüche
4.3 Der verschlungene Weg zur Konzession der öffentlichen Fernsehgrossbildprojektion in der Schweiz (Teil I)
4.4 Eidophor: erste öffentliche Demonstrationen

5. Öffentliche Fernsehgrossbildprojektion: juristische Abwehrreflexe
5.1 Sportübertragung: der AKI-Fall in Deutschland
5.2 Die ablehnende Haltung der Rundfunkdachorganisation EBU
5.3 Urheberrechtsaspekte als juristische Fallgruben
5.4 Der verschlungene Weg zur Konzession der öffentlichen Fernsehgrossbildprojektion in der Schweiz (Teil II)
5.5 Fazit: Zuständigkeitsquerelen der Behörden in der Schweiz im Schnittbereich von Kino und Fernsehen

6. ‹Closed-circuit television› (CCTV)
6.1 Die CIBA und der Bereich der Wissenschaft
6.2 Festinstallationen an Universitäten und Hochschulen
6.3 Verwendungsabhängigkeiten von Infrastruktur und Komponenten
6.4 Der Eidophor an der Expo 64
6.5 Sporteinsätze
6.6 Das Mietgeschäft: kurzzeitige Nutzungen

7. Neue Formen der Kommunikation und spezielle Nutzungen
7.1 Pressekonferenzen in Politik und Sport
7.2 Audiovisuelle Kommunikation über grössere Distanzen
7.3 Temporäre CCTV-Netze für religiöse oder politische Partikularinteressen
7.4 Data-Display in militärischen und zivilen Anwendungen
7.5 Simulationstechnologien für Flugvehikel und Schiffe
7.6 Kunstinstallationen
7.7 Unverwirklichte Nutzungen

8. Umbrüche und Konkurrenzen
8.1 Institutionelle Umbrüche (CIBA, Philips)
8.2 Neue technische Konkurrenten und der Stellenwert des Eidophors
8.3 Optimierungsbestrebungen beim Eidophor
8.4 HDTV
8.5 Institutionelle Veränderungen: Glanz- und Schlusspunkte (Ciba-Geigy)
8.6 Neue Konkurrenztechnologien: Reaktionen und Entschlüsse
8.7 Würdigung

Schlusswort

Pressestimmen
«Eidophor-Interessierte werden das Buch als wertvolle Quelle begrüssen, denn es präsentiert die Eidophor-Nutzungskontexte und deren Einfluss auf die Entwicklung des Eidophors auf erhellende, präzise Weise und unterstreicht so dessen wegweisende Bedeutung.» electrosuisse Bulletin

«Dezidiert und in einer auch sprachlich überzeugenden Form verbindet die Autorin Technik-, Unternehmens- und Mediengeschichte.» Thomas Hammacher, H-Soz-u-Kult

«Eine kompetente Darstellung technisch-apparativer Entwicklungen. Technische Entscheidungen werden von ihr im Kontext sozialer, kultureller und ökonomischer Bedingungen diskutiert und mediengeschichtlich eingeordnet. Das Buch ist als Geschichte einer folgenreichen Erfindung im Übergang von der kinematographischen zur digitalen Großbildprojektion gut und kenntnisreich geschrieben. Es ist die erste umfassende Darstellung dieses Themas, das durch die gegenwärtige Digitalisierung des Kinos (und den Einzug des Projektors auch ins Heimfernsehen) wieder an Aktualität gewonnen hat.» Dr. Joachim Paech, r:k:m

«Die von Caroline Meyer mit viel Liebe zum Detail geschilderte Lebensgeschichte des Eidophors entbehrt denn auch nicht einer gewissen Tragik, die von der Autorin mit deutlich spürbarer Anteilnahme geschildert wird. Caroline Meyer kommt der Verdienst zu den bewegten Lebenslauf dieses komplexen Artefaktes in seinen Höhen und Tiefen, Momenten des Glanzes und Perioden von Rückschlägen detail- und abwechslungsreich rekonstruiert zu haben.» Andreas Fickers, Technikgeschichte

Die in dieser Reihe erscheinenden Studien untersuchen technische und wissenschaftliche Entwicklungen in der Neuzeit. Sie fragen nach dem historischen Entstehungskontext und gehen der Frage nach, inwiefern verschiedene soziale Gruppen diese technischen Entwicklungen als Möglichkeit sozialen Wandels wahrgenommen, ausgehandelt und bisweilen genutzt oder vergessen haben. Der Ansatz erlaubt es, Innovationen als technisch und gesellschaftlich voraussetzungsreiche Prozesse zu verstehen und zu erklären.