Bergbild und Geistige Landesverteidigung
Die visuelle Inszenierung der Alpen im massenmedialen Ensemble der modernen Schweiz
Gebunden
2009. 464 Seiten, 276 Abbildungen s/w.
ISBN 978-3-0340-0975-1
CHF 78.00 / EUR 50.00 
  • Kurztext
  • Autor/in
  • Einblick
  • In den Medien
Die Jahre von 1900 bis 1938 waren geprägt von Industrialisierung und Urbanisierung, von der Durchsetzung eines neuen massenmedialen Ensembles und dem Aufstieg eines naturalisierten Nationalismus. In dieser Zeit hat sich ein spezifisch schweizerisches Seinsverständnis ausgebildet, das mit der Geistigen Landesverteidigung als schützenswert erklärt wurde. Das Buch beleuchtet vor diesem Hintergrund den nationalen Bildhaushalt der modernen Schweiz: Nach 1900 erfolgte der erste pictorial turn des 20. Jahrhunderts, ein Visualisierungsschub, der durch Medientechniken wie Autotypie, Kinematografie und Rotationsdruckverfahren möglich wurde und in eine eigentliche Bildkonjunktur überging. Diese Entwicklung prägte den Umgang mit Bildern massgeblich. Besonders relevant waren die Umbrüche in den Sehgewohnheiten, die von der Urbanisierung sowie von der visuellen Unfassbarkeit der «leeren Schlachtfelder» im Ersten Weltkrieg herrührten. Gerade am Bergbild lässt sich zeigen, dass in dieser Zeit einerseits Bild- und Textdiskurse in ein neues Verhältnis gebracht, andererseits althergebrachte Fotografien des bürgerlichen Alpinismus an einen fortschrittseuphorischen Patriotismus gekoppelt wurden und dadurch das Selbstbild der Schweiz als Gotthardstaat mitformten. Die Ordnung visueller Diskurse mit ihren spezifischen Textbezügen wird an zahlreichen Beispielen von bisher nicht untersuchten filmischen und fotografischen Quellen sowie an Presseerzeugnissen systematisch dargestellt.

Dozent, Ausstellungsrealisator und Journalist mit den Forschungsschwerpunkten Mediengeschichte, Visual und Oral History sowie Sozialgeschichte der Musik.

Inhalt
1. Die Alpen im Kopf
1.1 Spannungsgeladene Moderne und die Geschichte der Geistigen Landesverteidigung
1.2 Terra incognita. Die Bildquellen der modernen Schweiz
1.3 Berglandschaft im Fokus. Zugänge zu Medien und Bildern
1.4 Der Unterschungszeitraum. Vom frühen Bergfilm zur Geistigen Landesverteidigung

2 Wandlungen des Schweizer Bildhaushalts in der massenmedialen Sattelzeit
2.1 Bilderkonjunktur während des «Booms nationaler Manifestationen»
2.2 Der erste pictorial turn des 20. Jahrhundert

3 Das Bergbild im massenmedialen Ensemble
3.1 Die Illustrierten als Schlüsselmedium des massenmedialen Ensembles
3.2 Neue Perspektiven durch Urbanisierung und Krieg
3.3 Ein neues Alpenbild durch Aviaktik und Kartografie
3.4 Visuelle Zeichen in den Bergbildern der Massenmedien
3.5 Die Einstellungen bei Bergbildern
3.6 Die Perspektiven bei Bergbildern
3.7 Eine Typologie des Bergbilds
3.8 Der kinematografische Apparat in den Alpen
3.9 Narrative in Filmen und Illustrierten

4 Die Wende zum alpinistischen und nationalistischen Narrativ (1917–1922)
4.1 Das Alpinismusnarrativ im ersten Schweizer Bergspielfilm, dem Bergführer (1917)
4.2 Medienbeobachtung I: Die nationale Besinnung
4.3 Das (nationale) Zusichkommen der Presselandschaft
4.4 Die fotografischen Porträts einer nationalen Typologie
4.5 Nationale Männlichkeitsrituale im Bild
4.6 Visuelle Manifestation kultureller Konventionen im Kampf um die Berge (1921)
4.7 Die Alpen als nationale Heterotopie in Das Kreuz am Matterhorn (1922)

5 Die Jahre des Massentourismus und des Patriotismus (1923–1928)
5.1 Der Kinematograf als Alpinist in den Illustrierten
5.2 Die Figur des Fremden als Störfaktor in Der Ruf der Berge (1923)
5.3 Das literarische Bergbild in den Illustrierten
5.4 Die Intellektuellen, die Schweiz und die Alpen
5.5 Bergbilder im Nationalepos Die Entstehung der Eidgenossenschaft (1924)
5.6 Medienbeobachtung II: Patriotismus des Schweizer Cinéma Suisse
5.7 Alpine Berichte über die Schweiz in der ersten Schweizer Wochenschau

6 Die Zügelung der massenmedialen Bilder (1929–1938)
6.1 Der Wandel vom flanierenden zum sequenziellen Sehen
6.2 Die Popularisierung von Alpinismus und Patriotismus in den Illustrierten
6.3 Erwachtes politisches Interesse am Filmbild um 1930
6.4 Filmbild und Geistige Landesverteidigung bis 1938
6.5 Der Schweizer Bergfilm und das Bergbild der 1930er-Jahre
6.6 Die visuelle Inszenierung der GLV in katholisch-konservativer Lesart 1938

Pressestimmen
«… liest sich Schnetzers Dissertation nur schon wegen ihrer sachverständigen Beschäftigung mit bildlichen Quellen mit Gewinn.» Urs Hafner, NZZ

«Schnetzers Arbeit ist flüssig geschrieben und man lässt sich vom Autor gerne von Quelle zu Quelle führen, von einer Illustrierten zu einem Spielfilm, von dort zur Wochenschau und wieder zurück zu einer Illustrierten, wobei hervozuheben ist, dass Schnetzer in seinem Gang durch die Zwischenkriegszeit sowohl die deutschsprachige als auch die französisch- und italienischsprachige Produktion berücksichtigt» Patrick Kupper, Sehepunkte

«In sorgfältiger, gut nachvollziehbarer Analyse wird die Wechselwirkung von Darstellung und Wahrnehmung der Alpen vor dem Hintergrund ihrer verkehrsgeschichtlichen und alpinistischen Erschliessung sichtbar gemacht und eine überzeugende ‹Typologie des Berbildes› entwickelt.» Schweizer Monatshefte