Ein Buch wie ein erratischer Block. Kenner und Bewunderer des Romans «Das Vermächtnis» (1951), unter ihnen namhafte Gelehrte und Literaten, waren sich bei seinem Erscheinen einig: es gab in der schweizerischen Literatur der Zeit nichts, was sich damit vergleichen liess; das Buch fügte sich weder in die entstehende gesellschaftskritische noch in die traditionsbestimmte Richtung der Literatur. Gerade diese Originalität aber behinderte die Rezeption. Und die aus bester Winterthurer Familie stammende Autorin, Elisabeth Aman-Volkart (1888-1966), die mit diesem opus magnum ihren ersten und einzigen Roman vorlegte, blieb im literarischen Leben eine Aussenseiterin.
Grund genug, das verschnürte Paket endlich aufzuknüpfen und darin ein Werk zu entdecken, das keine Tüftelarbeit voraussetzt, sondern die Lesenden unwiderstehlich in den Rhythmus seiner sanft kreisenden Erzählung zieht. Es ist immer das Unspektakuläre, das die Phantasie dieser Autorin anregt; das genau beobachtete Detai gewinnt bei ihr unversehens an Bedeutung und Transparenz. Die provenzalische Landschaft, evoziert ohne alle pittoresken Aspekte, ist der unauffällig-schöne Lebensraum unvergesslicher Figuren: sogenannt einfacher Menschen, die doch der ganzen Fülle und Tragik der condition humaine teilhaftig werden. «Am Ende beginnt man nur mit Zögern mit einem neuen Kapitel» - so Bettina Hürlimann in einer Rezension von 1952 - «aus Furcht, nur allzu schnell aus dieser waremn und lebensvollen Welt entlassen zu werden.»