In den Jahren des Zweiten Weltkriegs und kurz danach hätte im Zentrum der Schweiz ein Kraftwerk der Superlative entstehen sollen: mit einem Staubecken von über 1,2 Mrd. m3 Fassungsvermögen und einer installierten Leistung von fast 1300 MW wäre es das grösste je in den Alpen gebaute Wasserkraftwerk geworden. Das Projekt besass alle technischen und energiewirtschaftlichen Vorteile und nur einen, allerdings gewichtigen, Nachteil: der Stausee hätte das gesamte Urserntal mit den Dörfern Andermatt, Hospenthal und Realp überflutet.
Das Buch geht der Frage nach, warum das Urserenprojekt nicht realisiert werden konnte. Die Auseinandersetzung um das Kraftwerk Urseren war der Ausdruck einer Modernisierungskrise: Technischer Fortschritt stand gegen die traditionsverbundene Heimatliebe, das Interesse der Urschner an der Erhaltung ihrer Existenzgrundlage gegen das Interesse einer gesicherten Landesversorgung mit Elektrizität. Letztlich entscheidend für das Scheitern war die Tatsache, dass ein technisches Grossprojekt, das derart massiv in die Interessenssphäre anderer eingreift, dass ganze Dörfer und geschlossene Siedlungsgebiete geopfert werden müssten, sich gegen den Willen der Betroffenen nicht durchsetzen lässt, wenn diese darüber politisch frei mitbestimmen können und wenn Solidarität unter der betroffenen Bevölkerung und den für den Entscheid zuständigen Behörden besteht.
Ursern ist um die Mitte des 20. Jahrhunderts zu einem Zeichen dafür geworden, dass nicht alles, was technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll erscheint, sich auch politisch und gesellschaftlich durchsetzen lässt.