Hinweise auf Bücher
Der Thurgau in der Helvetik
stb. Mit der Helvetik (1798-1803) tut sich die
schweizerische Geschichtswissenschaft noch immer recht schwer. Grund dafür
ist allerdings kaum mehr die Tatsache, dass über dem damaligen Umbruch -
dem vorweggenommenen Durchbruch zum modernen Staat - der Schatten
ausländischer «Einmischung» in eidgenössische Angelegenheiten liegt. Nein;
Probleme bereiten der historischen Forschung vor allem die
Unübersichtlichkeit der Verhältnisse, der ständige Wechsel von
Rechtserlassen, das Auseinanderklaffen von ehrgeizigen Programmen und
bescheidenen Mitteln, teils auch mangelndem Willen zu deren Verwirklichung.
Solchen Schwierigkeiten zum Trotz hat es nun der junge Thurgauer Historiker
und Wirtschaftsredaktor Jakob Stark unternommen, einen besonders heiklen
Helvetik-Aspekt am Beispiel seines Heimatkantons zu erhellen. Starks Thema
ist das Ringen um die Ablösung der herkömmlichen Zehnten und Grundzinsen
durch das zukunftweisende System von allgemeinen (indirekten und
Vermögens-)Steuern. Der Buchtitel «Zehnten statt Steuern» fasst das Ergebnis
zusammen: Im kurzen Zeitraum und unter den wirren Bedingungen der Helvetik
gelang die zunächst offiziell dekretierte Ablösung noch nicht. Zur Bildung
thurgauischen Selbst- und Staats-, Regions- und Subregionsbewusstseins
freilich trugen die paar Jahre nachhaltig bei. Und spätestens seit 1836,
zeigt Jakob Stark in seiner (Zürcher) Dissertation, galt auch im Thurgau die
Devise «Steuern statt Zehnten».
Jakob Stark: Zehnten statt Steuern. Das Scheitern der Ablösung von Zehnten
und Grundzinsen in der Helvetik; eine Analyse des Vollzugs der Grundlasten-
und Steuergesetze am Beispiel des Kantons Thurgau. Chronos-Verlag, Zürich
1993. 311 S., Fr. 48.-.
Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der NZZ.
Neue Zürcher Zeitung FEUILLETON 05.02.1994 Nr. 30 24