Bedencken von Spilen
ked. Es sei «bey diesem bewilligten Schauspiel gute Ordnung und angemessene
Polizey beobachtet, in Sunderheit zur Verhütung des unanständigen Gedränges
das Nöthige vergekehrt, wie nicht weniger auch darauf geachtet werde, dass
keine unanständige, den guten Sitten zuwiderlaufende Stüke vorgestellt
werden»: Im Bern des 18. Jahrhunderts nimmt man es genau mit den
Bewilligungen von Theatervorstellungen. Auch Zürich prüfte seinerzeit
sorgfältig, was es seinen Bürgern an Vergnügungen zutraute; immerhin hatte
Johann Jakob Breitinger 1624 seine «Bedencken von Comoedien oder Spilen»
veröffentlicht. Die früheste wirklich etablierte Spielstätte lässt sich dort
überhaupt erst 1834 - mit der Eröffnung des Aktientheaters am Hirschengraben
- ausmachen. Diese und andere kleine Dramen des Dramas, all die Geschichten
der Theater-Spielstätten in der Schweiz, hat Simone Gojan in einem
dreisprachigen «Historischen Handbuch» gesammelt, ausgewertet und
benutzerfreundlich aufbereitet. Standorte, Architekten, Platzkapazitäten,
Umbauten, Bespielung, Eigentümer, heutiger Stand: Es gibt kaum einen Aspekt
der bespielten Bretter, dem sich die Assistentin am Berner Institut für
Theaterwissenschaft in ihrer 650seitigen Doktorarbeit nicht gewidmet hätte.
137 Gemeinden mit 314 Spielstätten, wo 527 Direktoren wirkten, hat Simone
Gojan aufgeschlüsselt; ist die Schweiz im 18. und 19. Jahrhundert - die
Epochen, auf denen der Schwerpunkt der Studie liegt - doch ein Tummelplatz
in- und ausländischer Theaterschaffender, die damals noch mobiler waren -
sein mussten - als heute. Ohne unanständiges Gedränge zu verursachen, hat
Gojan den zahlreichen Schweizer Spielstätten eine Bühne geschaffen.
Simone Gojan: Spielstätten der Schweiz - Scènes de Suisse - Luoghi teatrali
in Svizzera. Historisches Handbuch. Theatrum Helveticum 4. Chronos-Verlag,
Zürich 1998. 654 S., Fr. 88.-.
Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der NZZ.
Neue Zürcher Zeitung FEUILLETON 06.03.1999 Nr. 54 68