Der Kampf der Tiroler um eine neue Kirche (1525–1527)
Dass das Land Tirol mit seinem ausgeprägten und tief verwurzelten Katholizismus nach 1521 eine von Bauern, Bürgern und Bergknappen gemeinsam getragene reformatorische Entwicklung durchlief, die trotz der massiven Gegenmassnahmen des habsburgischen Landesherrn fast in die Errichtung einer evangelischen Landeskirche mündete, ist weithin unbekannt. Im Revolutionsjahr 1525 rückte die Frage der kirchlichen Erneuerung ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung des Sommer-Landtages von Innsbruck. Die Vertreter der Stadt- und Landgemeinden setzten sich in entscheidenden Fragen durch und gewannen einen Freiraum neuer kirchlicher Organisationsformen. In der Folge bildeten sich wiederum reformatorische Zellen auf lokaler Ebene. Als diese Ansätze unter gewandelten Machtverhältnissen von der wiedererstarkten Landesherrschaft 1526/27 erneut zerschlagen wurden, wandelte sich die Tiroler Reformation zur «Untergrundbewegung» des Täufertums, das den Charakter einer Volksbewegung annahm.
Im Zusammenhang der vor allem von Peter Blickle aufgeworfenen Frage nach den bäuerlichen Anteilen an der gesellschaftlichen Aneignung der Reformation bestätigt das Beispiel Tirol die These, dass die Kommunalisierung der Kirche ein zentrales Ziel auch der ländlichen Gemeinden bildete.