Göttliche Musik, ein Konfliktfeld
tsr. Kaum eine Religion kommt ohne Musik aus. In der Musik scheint den Menschen ein direkter Zugang zum Göttlichen gegeben zu sein. Doch das Verhältnis zwischen Kultmusik, Religion und Kirche war und ist konfliktbeladen, nicht nur im Christentum. Der ästhetische Kunstanspruch der Musik und die liturgischen Forderungen nach ihrer funktionalen Einbindung lassen sich nicht immer auf einen Nenner bringen. Solchen Fragestellungen widmete sich ein Symposion der Musikhochschule Luzern im Jahr 2001, dessen Beiträge nun in schriftlicher Form vorliegen. Was die Lektüre so anregend macht, ist der interdisziplinäre und damit sehr breite Zugang zum Thema, kommen doch neben Musikwissenschaftern auch Theologen, Komponisten und Kirchenmusiker zu Wort. Der Hymnologe Andreas Marti beispielsweise setzt sich mit der kirchlichen Gebrauchsmusik auseinander und plädiert für eine Kirchenmusik, die sich als Kunst versteht. Dagmar Hoffmann-Axthelm geht dem Begriff der Andacht nach und findet Entsprechungen in der noch ganzheitlichen Wahrnehmungswelt des Kleinkindes. Dietrich Wiederkehr spricht der Theologie das Monopol für die «richtige» Deutung geistlicher Musik ab. Issam el-Mallah und Heidy Zimmermann widmen sich dem Verhältnis von Religion und Musik im Islam und im Judentum.
Lieder jenseits der Menschen. Das Konfliktfeld Musik - Religion - Glaube. Hrsg. von Annette Landau und Sandra Koch. Chronos-Verlag, Zürich 2002. 230 S., Fr. 38.-.
Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der NZZ.
Neue Zürcher Zeitung FEUILLETON Samstag, 18.10.2003 Nr.242 48
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